Globale Lieferketten bleiben weiterhin im Dauerkrisenmodus
Covid-19 und Ukraine-Krieg haben die Lieferketten noch einmal komplexer gemacht – was das für den heurigen Weihnachtseinkauf heißt.

Die Steirer kaufen ihre Weihnachtsgeschenke immer früher (siehe auch Seiten 4–5). Einer der Hauptgründe dafür ist die Sorge, dass die Wunschgeschenke aufgrund der Lieferkettenproblematik nicht pünktlich ankommen. Doch ist diese Sorge nach wie vor berechtigt? Wir haben nachgefragt.
Gleich vorweg: Die – zurzeit häufig ausbleibenden – Containerlieferungen sind nur die Speerspitze des global verflochtenen Weltmarkts. Klimawandel, hohe Energiepreise, Zinsanstiege, Produktionsunterbrechungen in Folge von Covid und der Ukraine-Krieg haben die Komplexität nochmals drastisch erhöht. Insbesondere die Teuerung hat internationale Konzerne dazu veranlasst, Produktionen auch temporär auszusetzen. Das führt – in weitreichenden Folgen – nicht nur zu fehlenden Geschenken unterm Christbaum, sondern hinterlässt auch Spuren am Weltmarkt: Die Welthandelsorganisation WTO rechnet heuer zwar mit einem weiteren Anstieg des internationalen Warenhandelsvolumens von 3,5 Prozent, für 2023 senkten die Wirtschaftsexperten ihre Prognose allerdings drastisch: von 3,4 auf ein Prozent. Damit würde der Anstieg der letzten Jahre etwas eingebremst werden.
Abschottung vom internationalen Markt
Einzelne Regierungen würden sich in der Folge vom internationalen Markt abzuschotten versuchen, sagt Gabriel Felbermayr, Leiter des Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO): „Die Wirtschaftsmächte werden zunehmend protektionistisch.“ Sie würden überlegen, „wie sie wirtschaftlich unabhängiger von anderen Ländern werden können“, sagt der Ökonom. Die Verteidigung der eigenen Stärke stünde an erster Stelle, noch vor dem allgemeinen Wohlstand.
Die WTO warnt vor diesen Entwicklungen: „Ein Rückzug aus globalen Lieferketten könnte den Inflationsdruck erhöhen und das Wirtschaftswachstum begrenzen“, lässt die Institution wissen. Felbermayr sieht allerdings keinen Grund zur Besorgnis: Weder bräuchte Europa ein neues Wirtschaftsmodell, noch sei das Ende der Globalisierung gekommen. Allerdings: Die Art und Weise, wie Welthandel betrieben werde, wird sich in Zukunft ändern. Heißt: Die von zahlreichen Experten forcierten Ansätze, Handelsbarrieren abzuschaffen und den Wohlstand vieler Länder durch Arbeitsteilung herzustellen, stünden zumindest zur Diskussion.
Ab September
Zurück zu den Weihnachtseinkäufen: Geht es nach dem Cargo Center Graz (CCG), zentrale Logistikdrehscheibe in der Steiermark, kommen die Packerl rechtzeitig an: „Traditionell wirkt sich das Weihnachtsgeschäft bei uns schon im September – mit Auslastungen von über 100 Prozent – aus. Aktuell stehen wir bei 80 bis 90 Prozent. Das ist durchaus vergleichbar mit den letzten Jahren“, erklärt CCG-Geschäftsführer Christian Steindl. Allerdings: „Insgesamt herrschen aus internationaler Perspektive nach wir vor massive Störungen am weltweiten Logistikmarkt, vor allem in den Nordhäfen, was zur Abflachung der Exporte führt. Das merkt man natürlich auch am Logistikmarkt.“