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„Ein neuerlicher Marathon steht bevor“

Wirtschaftsminister Martin Kocher über den akuten Fachkräftemangel, die allgemeine Lust am Arbeiten, steuerfreie Überstunden und Berufsweltmeister.

Minister Martin Kocher gestikuliert im Anzug.
© picturedesk.com Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher.

Die von Ihnen zuletzt angesprochene hohe Teilzeitrate hat auch mit dem Steuer- und Abgabensystem zu tun. Warum soll man länger arbeiten, wenn sich der Staat aufgrund des progressiven Steuersystems dann verhältnismäßig mehr einbehält?

Martin Kocher: Um weiterhin den Wohlstand zu erhalten und das Sozialsystem in Österreich zu finanzieren, müssen Maßnahmen ergriffen werden, um das Arbeitskräftepotenzial bestmöglich zu nutzen. Vollzeitarbeit soll für alle, die das wollen, möglich und attraktiv sein, auch ein Wechsel von Teilzeit- in Vollzeitarbeit soll gefördert werden, ohne dass Steuern oder Abgaben die Nettoleistungen zu stark reduzieren. Unternehmen sind dabei auch gefordert, möglichst viele Vollzeitjobs anzubieten.

2021 hat erstmals knapp mehr als die Hälfte der erwerbstätigen Frauen Teilzeit gearbeitet, bei Männern hat sich die Zahl binnen zwei Jahrzehnten verdoppelt. Warum gibt es diesen Zulauf?

Kocher: Es gibt unterschiedliche Gründe, warum Menschen nicht Vollzeit arbeiten. Auch durch Corona hat sich einiges verändert. Viele Menschen möchten nicht mehr so viel arbeiten, sondern mehr Freizeit genießen. Andere müssen aufgrund von Betreuungspflichten oder Pflegeverpflichtungen ihre Arbeitszeit reduzieren. Aufgrund des eingangs erwähnten hohen Fachkräftebedarfes müssen wir Vollzeitarbeit daher attraktiver machen. Sonst wird die Zahl der Personen in Teilzeit weiter steigen.

Durch den Teilzeit-Boom ist die Erwerbsquote gestiegen. Ist das gut oder nur eine als positiver Effekt „verkleidete“ tickende Zeitbombe für das Sozialsystem?

Kocher: Das Ziel eines jeden Arbeitsministers ist es, die Arbeitslosigkeit zu senken. Jede Person, die im Erwerbsleben steht und nicht arbeitssuchend ist, trägt damit zur Entlastung des Sozialsystems bei.

Es gibt den Vorschlag, zwanzig Überstunden steuerfrei zu stellen. Ist das sinnvoll?

Kocher: Der bestehende Arbeitskräftebedarf und die hohe Anzahl unbesetzter Stellen werden aktuell unter anderem durch Überstunden abgefedert. Allein im Jahr 2021 wurden laut Statistik Austria 190,6 Millionen Überstunden geleistet. Das entspricht in etwa 100.000 Jahresvollzeitäquivalenten, die dem Arbeitsmarkt sonst zusätzlich zum bereits bestehenden Arbeits- und Fachkräftebedarf fehlen würden. Aktuell sind zehn Überstunden steuerfrei. Ob eine Anpassung sinnvoll ist, diskutieren wir aktuell in einer Arbeitsgruppe, die in nächster Zeit Ergebnisse bringen soll.

Ist die Lust am Arbeiten in der Gesellschaft abgeflaut?

Kocher: Ich denke nicht, dass die Leistungsbereitschaft in der Gesellschaft abgeflacht ist, sondern dass sich durch neue Entwicklungen auch neue Möglichkeiten für die Arbeitswelt eröffnet haben. In vielen Betrieben gibt es nun Homeoffice-Tage oder auch flexible Arbeitszeiten. Zahlreiche Betriebe werben aktiv damit und erhalten dadurch mehr Bewerbungen, da viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer diese Flexibilität in ihrem Alltag schätzen. Über 40 Kollektivverträge sehen derzeit auch weniger als 38,5 Stunden wöchentlicher Normalarbeitszeit vor. Darüber hinaus sind Einzelvereinbarungen möglich. Es gibt also passende Rahmenbedingungen, um flexibel arbeiten zu können. Wenn diese Wege genutzt werden, ist das gut.

Die letzten Jahre haben sich als Krisen-Marathon dargestellt. Wie weit ist es noch bis ins Ziel?

Kocher: Wenn Corona ein Halbmarathon war, dann sind wir hoffentlich beinahe am Ziel. Mit den aktuellen Herausforderungen im Zusammenhang mit der hohen Inflation steht uns aber ein neuerlicher Marathon bevor. 

Ab Montag läuft die „Skills Week Austria“ (siehe Skills Spezial). Welche beruflichen Fähigkeiten sind vor dem Hintergrund rasanter Transformationen und multipler Krisen besonders wichtig?

Kocher: Derzeit gibt es einen großen Fachkräftebedarf in vielen Branchen. Es gibt viele freie Jobs im Bereich der Pflege, der Nachhaltigkeit, der Digitalisierung sowie in vielen Handwerksberufen. Diese Arbeitskräfte werden auch langfristig gebraucht werden. Soziale Fähigkeiten sowie eine gute Berufsausbildung sind besonders wichtig. Gleichzeitig braucht es auch Disziplin und Mut, neue Aus- oder Weiterbildungen im Laufe des Erwerbslebens zu absolvieren. 

Österreich hat viele Berufsweltmeister, aber aktuell keine Skiweltmeister. Sind wir doch mehr „Land der Hämmer“ als Sportnation?

Kocher: Ich werde im Ausland öfter auf unsere herausragende duale Berufsausbildung angesprochen als auf die Leistungen im Sport. Das österreichische Lehrmodell ist Vorbild für viele andere Länder. Aber auch der Spitzensport ist natürlich wichtig für Österreich.


Zur Person

Martin Kocher (49) ist seit 2021 Arbeitsminister, seit 2022 auch Wirtschaftsminister. Davor war der Professor für Verhaltensökonomik unter anderem Direktor des Instituts für Höhere Studien (IHS).


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