Hinweisgeber
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Das HinweisgeberInnenschutzgesetz – was Unternehmen zukünftig beachten müssen

Am 25.2.2023 trat das HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG) in Umsetzung der unionsrechtlichen Whistleblowing-Richtlinie in Kraft. Die Wirtschaftskammer Salzburg informierte in einem Webinar über die wichtigsten Aspekte.

Lesedauer: 5 Minuten

Aktualisiert am 19.09.2023

Unternehmen ab 250 MitarbeiterInnen sind ab 25.8.2023 zur Umsetzung eines internen Meldekanals verpflichtet, Unternehmen über 50 Mitarbeiter trifft die Verpflichtung ab 17.12.2023.

Webinar vom Montag, 5. Juni 2023

In einem Webinar am Montag, 5.6.2023 informierten ExpertInnen über wichtige Rechtsfragen und gaben praktische Tipps zur Einführung eines Hinweisgebersystems.

  1. Eingangs gab der Leiter des Bereichs Allgemeines Unternehmensrecht, Dr. Peter Enthofer, einen Überblick über rechtliche Grundlagen sowie wesentliche Rechte und Pflichten. Neben der nationalen Umsetzung der EU-Richtlinie wurde dabei unter anderem der geschützte Personenkreis sowie datenschutzrechtliche Fragen erörtert.
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  2. Im Anschluss gab der Leiter des Bereichs Sozial- und Arbeitsrecht der Wirtschaftskammer Salzburg, Dr. Lorenz Huber, einen Überblick über arbeitsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem HSchG. So zB, wann der Abschluss einer Betriebsvereinbarung erforderlich ist bzw. was im konkreten Anlassfall verbotene Vergeltungsmaßnahmen bzw. deren Rechtsfolgen sein können.
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  3. Abgeschlossen wurde der Vortragsteil durch die Unternehmensberaterin mit dem Schwerpunkt HinweisgeberInnenschutzgesetz Lisa Maria Mair, MSc, MBA, mit Tipps zur praktischen Implementierung eines Hinweisgebersystems.
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FAQ zur Whistleblowing-Richtlinie

Das HSchG gilt im Wesentlichen für Unternehmen,

  • die 50 oder mehr Arbeitnehmer beschäftigen und
  • einen in § 3 Abs 3 bis 5 HSchG genannten Bereich betrifft. Das sind u.a. Öffentliches Auftragswesen, Finanzdienstleistungen, Produktsicherheit, Verkehrssicherheit, Umweltschutz, Lebensmittelsicherheit, Tierschutz, öffentliche Gesundheit, Verbraucherschutz, Datenschutz und Korruption.

Das HSchG kann aber auch für Betriebe mit weniger als 50 Arbeitnehmer gelten, wenn Unternehmen in bestimmten sensiblen Bereichen tätig sind (z.B. Finanzdienstleistungen, Finanzprodukte und Finanzmärkte, Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Sicherheit in der Zivilluftfahrt, Schifffahrt und Sicherheit von Offshore-Erdöl und ‑Erdgasaktivitäten).

Es gilt nicht für Einzelunternehmer.

Bei wechselnder Anzahl von Arbeitnehmern ist der Durschnitt der Beschäftigtenanzahl des vorangegangenen Kalenderjahres heranzuziehen.

Betriebe mit 50 bis 249 Arbeitnehmern haben dafür bis 17.12.2023 Zeit, ein internes Meldesystem einzurichten.

Betriebe mit mehr als 250 Arbeitnehmern haben bis 25.8.2023 Zeit, dies einzurichten.

Das HSchG enthält nur sehr wenige Vorgaben, wie ein Hinweisgebersystem einzurichten ist. Insbesondere enthält es keine technischen Vorgaben, verweist aber auf Art. 25 DSGVO, somit auf die dortigen "technischen und organisatorischen Maßnahmen" nach dem Stand der Technik. Möglich ist ein Briefkasten im Betrieb oder eine E-Mail, an die sich Hinweisgeber richten können.

Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass eingehende Hinweise dokumentiert werden und das innerhalb von sieben Kalendertagen der Eingang schriftlich bestätigt wird.

Auf Wunsch des Hinweisgebers muss spätestens innerhalb von 14 Kalendertagen eine mündliche Besprechung über den Hinweis ermöglicht werden. Jeder Hinweis ist von den Mitarbeitern der Meldestelle auf seine Stichhaltigkeit zu prüfen und danach weitere Schritte bzw. Maßnahmen zu veranlassen.

Keine weiteren Schritte durch die Meldestelle sind zu setzen, wenn

  • der Hinweis nicht in den Geltungsbereich des Gesetzes fällt,
  • keine Anhaltspunkte für die Stichhaltigkeit vorliegen oder
  • der Hinweis offenkundig falsch ist.

Nach Prüfung des Hinweises sind entsprechende Folgemaßnahmen, wie etwa Nachforschungen oder weitere Ermittlungen durch die interne Meldestelle zu ergreifen, wenn sich der Hinweis als zutreffend erweist. Die interne Meldestelle ist berechtigt, den Arbeitgeber über den Inhalt eines Hinweises zu verständigen, wenn

  • ein begründeter Verdacht einer Rechtsverletzung besteht und
  • die Verständigung geeignet erscheint, von vergleichbaren künftigen Rechtsverletzungen abzuhalten und
  • mit einer Gefährdung der Folgemaßnahmen nicht zu rechnen ist.

Die Identität des Hinweisgebers ist gegenüber dem Arbeitgeber jederzeit geheim zu halten. 

Spätestens drei Monate nach Entgegennahme des Hinweises ist dem Hinweisgeber bekanntzugeben, welche Folgemaßnahmen ergriffen wurden, beabsichtigt sind zu ergreifen oder weshalb der Hinweis nicht weiterverfolgt wird.

Alle Mitarbeiter der internen Meldestelle sind hinsichtlich der Entgegennahme und Weiterverfolgung von Hinweisen weisungsfrei.

Der Arbeitgeber muss durch organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass die Unabhängigkeit dieser Mitarbeiter gewährleistet wird. 

Es muss ihnen somit die Möglichkeit eingeräumt werden, bei der Bearbeitung der Hinweise unparteilich, unvoreingenommen und unbefangen vorzugehen zu können.

Das HSchG verlangt einen mündlichen (z.B. Telefon) oder schriftlichen (z.B. E-Mail) Meldekanal. Auch beides ist möglich. Der Arbeitgeber kann allerdings selbst entscheiden, ob das interne System nur schriftliche, nur mündliche, oder Hinweise in beiden Formen zulässt. 

Unternehmen können die Aufgaben einer internen Stelle auf eine gemeinsame Stelle (z.B. Konzernmutter) oder Externe (z.B. Rechtsanwälte, Steuerberater, etc.) übertragen.

Das HSchG enthält keine Vorgaben über die Art des Kommunikationskanals. Theoretisch wäre auch ein Briefkasten zulässig, allerdings werden die Kriterien der Vertraulichkeit und der Möglichkeit einer Antwort nur schwer zu verwirklichen sein.

Maßnahmen, die in Vergeltung eines berechtigen Hinweises erfolgen, etwa Suspendierung, Kündigung, Nichtverlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags, Herabstufung oder Versagung einer Beförderung, sind rechtsunwirksam. Der Arbeitgeber ist zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands, zum Ersatz des Vermögensschadens sowie zu einer Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung verpflichtet. 

Bei wissentlich falschen oder irreführenden Hinweisen gibt es keinen Schutz. Die Abgabe von wissentlich falschen Hinweisen kann Schadenersatzansprüche begründen und stellt eine Verwaltungsübertretung dar.