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„Weniger arbeiten“ ist Irrweg

Arbeitsminister Kocher hat eine wichtige Debatte angestoßen: Es geht um die Konsequenzen einer hohen Teilzeitquote. „Vollzeitarbeit muss sich wieder rentieren“, fordert WKS-Präsident Peter Buchmüller, der einer Viertage-Woche mit Arbeitszeitverkürzung eine deutliche Absage erteilt.

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Aktualisiert am 13.03.2023

Tatsächlich ist die Teilzeitarbeit seit den 70er-Jahren auf dem Vormarsch. Damals betrug die Quote 6,5%, heute arbeiten 30% aller Beschäftigten nicht in einer Vollzeitstelle. Rund 1,4 Millionen Beschäftigte arbeiten in Teilzeit, eine Million davon sind Frauen, aber nur 385.000 nennen die Betreuung von Kindern oder die Pflege als Grund für einen Teilzeit-Job. Ein wesentlicher Anteil sowohl bei Männern wie bei Frauen will aus verschiedenen Gründen, aber nicht wegen Betreuungspflichten, nicht Vollzeit arbeiten.  

„Das wäre kein Problem, stünden wir nicht gleichzeitig vor einer Ballung an negativen Entwicklungen“, erläutert Buchmüller. So lässt die demografische Entwicklung das Angebot an Arbeitskräften bald noch kleiner werden. Wenn in dieser Situation noch mehr Menschen freiwillig kürzer arbeiten, könnte der wachsende Engpass an Mitarbeitern schon bald zu einem Abbau der Leistungen in den Unternehmen führen. Oder die Unternehmen gehen, wenn sie können, dorthin, wo die Arbeitskräfte sind.  

Dazu kommt: In Österreich wird schon jetzt insgesamt weniger gearbeitet. Zwar gibt es bei der Erwerbstätigkeit einen Rekord, das Arbeitsvolumen liegt aber unter dem Niveau von 2004. Noch dazu befindet sich Österreich bei der Produktivitätsentwicklung am untersten Ende der EU-Rankings.  

Sozialpolitische Zeitbombe 

„Der Trend zu mehr Teilzeit ist zudem auch eine sozialpolitische Zeitbombe. Unser Sozialsystem ist auf Vollzeitarbeitsplätze ausgelegt“, warnt Buchmüller.  „Weniger arbeiten“, das heißt gleichzeitig weniger Mittel für die Sozialsysteme und somit tendenziell ein Wohlfahrtsabbau für alle. Ebenso müssen alle, die in Teilzeit arbeiten, ob freiwillig oder durch die Umstände veranlasst, nach dem Erwerbsleben niedrige Pensionen hinnehmen.  

„Wollen wir den Wohlstand und den Sozialstaat nachhaltig sichern, müssen wir wieder zurück zu Vollzeitarbeit. Hier braucht es positive Anreize auf allen Ebenen. Ein höheres Stundenausmaß muss sich wieder rentieren“, fordert der Salzburger Wirtschaftskammerpräsident. Derzeit werde Mehrarbeit in Österreich überproportional mit Steuern und Abgaben belegt. Vor allem aber müsse es den Familien leichter gemacht werden, Kinder und Vollzeitarbeit unter einen Hut zu bringen, weshalb die Wirtschaftskammer für einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz eintritt. Ebenso müsse die demografische Lücke durch Aktivierung aller Potenziale am Arbeitsmarkt geschlossen werden. Darum ist auch ein neuer Anlauf der Arbeitsmarktreform unverzichtbar.

WKS-Präsident Peter Buchmüller
© WKS/Probst WKS-Präsident Buchmüller fordert Anreize für mehr Vollzeitarbeit: „Steigende Teilzeitquoten sind eine sozialpolitische Sackgasse!“

Viertage-Woche: Rezept für den Abstieg 

Somit sind auch Vorschläge für eine flächendeckende Viertage-Woche mit Arbeitszeitverkürzung für Buchmüller in jeder Hinsicht kontraproduktiv, da dies den Arbeitskräftemangel noch einmal mehr verstärken würde. Es ist eine Mär, dass damit gleichzeitig die Produktivität steigen würde.  „In dieser Diskussion werden die Konsequenzen einer Viertage-Woche völlig ausgeklammert. Hier verlieren in Wahrheit alle: In diesem Umfeld mit tausenden offenen Arbeitsplätzen eine Arbeitszeitverkürzung zu wagen, ist der Einstieg in den wirtschaftlichen Abstieg!“ 

Arbeit und Leistung neu bewerten 

„Weniger arbeiten“ ist auf jeden Fall ein Weg in die Sackgasse. Arbeit ist auch mehr als eine lästige Unterbrechung möglichst langer Freizeitphasen. Sie gibt auch Sinn, ermöglicht Wohlstand, ernährt Familien, finanziert Sicherheit, Kultur und vieles mehr.

Peter Buchmüller: „Wir müssen daher Leistung und Arbeit dringend neu bewerten. Sie sind keine Zumutung, sondern Notwendigkeit. Hier sind nicht die Betriebe in der Pflicht, wie AK-Präsidentin Anderl kürzlich meinte. In den Unternehmen wurden die Arbeitsbedingungen längst modernisiert und vielfach an die Wünsche der Arbeitnehmer angepasst. Eher ist es so, dass sich gar nicht so wenige wieder klar machen müssen, dass soziale Sicherheit nur auf Basis von Fairness, Solidarität und Leistung zu haben ist.“