Saudi-Arabien: Gefragt sind Tourismus-Know-how und Umwelttechnologien
In Saudi-Arabien bieten zahlreiche Großprojekte für Salzburger Unternehmen die ideale Basis für gute Geschäfte. Die „Salzburger Wirtschaft“ hat bei Christoph Pfeifer MA, seines Zeichens Wirtschaftsdelegierter in Riad, nachgefragt.

Wie wirkt sich der Russland-Ukraine-Konflikt auf die Wirtschaft Saudi-Arabiens aus?
Für 2022 erwartet man ein BIP-Wachstum von 7,5%. Im abgelaufenen Jahr belief es sich auf 3,3%. Die deutlich angestiegenen Erdölpreise und die verstärkte Nachfrage haben also eine sehr positive Auswirkung auf die Wirtschaft. Die Saudis haben auf Drängen der Amerikaner hin kürzlich beschlossen, die Ölfördermenge zu erhöhen.
Saudi-Arabien ist immer noch stark von seinen Ölvorkommen abhängig. Aber dass alternative Energiequellen die Zukunft sind, hat auch Saudi-Arabien erkannt, oder?
Ja, auf jeden Fall. Hier kommt es zu einer Umorientierung. In Saudi-Arabien ist die Solarenergie ein großes Thema wie auch Green Hydrogen, also grüner Wasserstoff. Hier wird die für die Elektrolyse notwendige Energie vollständig durch erneuerbare Energien gedeckt. Der Einsatz dieser Energieform ist derzeit auch in Neum im Nordwesten des Landes, geplant, wo eine CO2-neutrale Zukunftsstadt entstehen soll.

Aufsehenerregende Projekte im Rahmen der ausgerufenen „Vision 2030“ sind mit Superlativen kaum zu beschreiben. Was passiert hier?
Die „Vision 2030“ konzentriert sich auf die Öffnung und Modernisierung des Landes und auch auf die Transformation der Gesellschaft. Es geht darum, Saudi-Arabien an die moderne Welt heranzuführen. Wir haben hier eine sehr junge Gesellschaft. Wo es früher noch Dinge wie Religionspolizei und viele Verbote gab, wird jetzt sehr viel liberalisiert. Klar, wenn man berichtet, dass in den Einkaufszentren Hintergrundmusik gespielt wird und es nun Kinos gibt, dann ist das für einen Österreicher nichts Besonderes, aber in Saudi-Arabien ist das eine 360-Grad-Wendung. Man sieht immer mehr Frauen, die die Haare offen und bunte Kleidung tragen, was früher ebenfalls undenkbar war. Frauen können sich frei bewegen und tauchen im Arbeitsleben immer öfter auf. Auch gibt es das Saudization-Programm, das vorsieht, den Anteil einheimischer Arbeitnehmer zu vergrößern.
Österreichische Unternehmen, die den Entwicklungsschub auf der arabischen Halbinsel mitgestalten wollen, sollten jetzt aktiv werden. In welchen Bereichen ergeben sich Geschäftschancen?
Ein großer Bereich ist Tourismus und Tourismusinfrastruktur. Denn Saudi-Arabien möchte eine Tourismusdestination werden. Wichtig ist auch Tourismus-Know-how, weil man ja langfristig die Saudis in den Arbeitsprozess integrieren will. Hier gab es schon erste Gespräche über Kooperationen. Großes Potenzial haben auch die Umwelttechnologien. Dazu zählen vor allem Wasser- und Abwassermanagement und Recycling. Aber auch der Kultur- und Unterhaltungsbereich sowie der Gesundheitssektor nehmen an Bedeutung zu.
Eines der Megaprojekte ist die Megastadt „NEOM“. Was ist hier geplant?
Es geht darum, im Nordwesten des Landes eine komplett neue umweltneutrale High-Tech-Stadt aufzubauen, die zu 100% mit erneuerbarer Energie versorgt werden soll. Diese Smart City der Zukunft wird laut Plan aus verschiedenen Schichten bestehen. Oben soll alles begrünt werden. Alle wesentlichen Dienstleistungen des täglichen Bedarfs wie Schulen, Arztpraxen, Freizeiteinrichtungen sowie Grünflächen werden innerhalb von fünf Minuten zu Fuß erreichbar sein. Darunter gibt es dann ein mehrschichtiges Tunnelsystem. Geplant ist eine Serviceebene, wo Nahverkehr und Transporte abgewickelt werden, darunter eine Ebene für den Warenverkehr und eine Hochgeschwindigkeitsverbindung für weitere Distanzen. Das ist ein Projekt für mindestens eine Dekade. Erste Bauten wurden bereits errichtet.
Was ist bei Geschäftsbeziehungen mit den Arabern zu beachten?
Die Araber legen großen Wert auf Handschlagqualität. Der persönliche Kontakt ist durch nichts zu ersetzen. Aber es gibt hier ein anderes Verständnis von Zeit. Saudis sind sehr gastfreundlich und interessiert. Es gibt viele Gespräche, wo es vorerst gar nicht um das Geschäft geht und man einfach zusammensitzt, Tee trinkt und Datteln isst. Oft ist es auch so, dass spät in der Nacht ein Anruf kommt, sich zu treffen. Hier sollte man flexibel und jederzeit abrufbereit sein. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt den Markt zu bearbeiten, denn derzeit werden viele Entscheidungen getroffen und Weichen gestellt. In zehn Jahren ist der Kuchen schon verteilt und die Chancen werden wieder kleiner.