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WKÖ-Menz: Energiepreise treiben Produktionswert in Österreichs Industrie

Beschäftigung auf Rekordniveau, um Fachkräfte zu sichern – Energie- und CO2-Kosten gefährden Wettbewerbsfähigkeit – Konjunkturdynamik verliert an Schwung

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 08.08.2023

Ein Jahr mit außergewöhnlichen Herausforderungen hinterlässt deutliche Spuren in der Bilanz der heimischen Industrie: „Wir sehen ein recht gemischtes Bild, entsprechend vielschichtig fällt unser Resümee für das abgelaufene Jahr aus“, sagte Sigi Menz, Obmann der Bundessparte Industrie in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), bei einer Pressekonferenz am Donnerstag: „Auf dem Papier präsentiert sich die Konjunktur wesentlich freundlicher als in der Realität der Unternehmen. Vom nominell starken Produktionswachstum bleibt nämlich nur ein bescheidenes Mengenwachstum übrig.“

In Zahlen ausgedrückt: Der vorläufige Produktionswert der Industrie belief sich 2022 auf nominell 252,3 Milliarden Euro, was jedoch vor allem auf den Preiseffekten aus dem Energiebereich beruht. Ein deutlicher Beleg dafür: Der Anteil der Gas- und Wärmeversorgungsunternehmen an der heimischen Industrieproduktion ist von 10 Prozent (im Jahr 2020) auf 24 Prozent (im Jahr 2022) hochgeschossen.

Abschwächung zu Jahresende

Klammert man die Mineralölindustrie sowie Gas- und Wärmeversorgungsunternehmen aus, so lag die Produktionssteigerung der Industrie von 2021 auf 2022 bei 15,1 Prozent. „Dieses Plus der Produktionswerte war ebenfalls vorrangig Kosten- und Preiseffekten geschuldet. Die Industriekonjunktur verliert an Schwung“, sagte Andreas Mörk, Geschäftsführer der Bundessparte Industrie in der WKÖ. „Gegen Jahresende hat die Dynamik nachgelassen und sogar ins Negative gedreht. Jetzt deuten die spürbare Verunsicherung, gepaart mit rückläufigen Neuaufträgen und gut gefüllten Lagerbeständen, auf eine weitere Verlangsamung der Produktion in den kommenden Monaten hin.“

Hatte sich die Industrie-Konjunktur im Oktober und November bereits eingebremst, so war die abgesetzte Produktion im Dezember 2022 sogar geringer als im Vorjahresmonat. Ein ähnliches Bild zeigen die Auftragseingänge, die Ende 2022 erstmals seit Beginn der Corona-Krise (im ersten Halbjahr 2020) ins Negative rutschten.

Beschäftigung auf 27-Jahres-Hoch

Erfreulich fällt unterdessen der Blick auf den Personalstand aus: Österreichs Industrie beschäftigte 2022 im Jahresdurchschnitt 468.600 Personen. Damit fehlen nur 600 auf den Wert von 1995 – ein 27-Jahres-Hoch. „Im Vorjahr fanden 8.500 Personen zusätzlich einen Arbeitsplatz in der Industrie, 6.300 davon als Eigenpersonal. Das zeigt, dass die Unternehmen auf die zusehends schwierigere Rekrutierung von Fachkräften reagieren und das Beschäftigungsniveau hoch halten“, so Mörk. Besonders in der Elektro- und Elektronikindustrie, der Chemischen Industrie und der Metalltechnischen Industrie wurde im Vorjahr verstärkt Eigenpersonal aufgebaut; ebenso in der Holz-, Nahrungs- und Genussmittelindustrie oder bei Bergwerken/Stahl. 

Standortnachteil Energiekosten

Schwer einstellen können sich die Unternehmen auf die überhöhte Inflation und Energiekosten, die Österreichs Wettbewerbsfähigkeit schaden: „Die Standortnachteile gegenüber internationalen Mitbewerbern sind eklatant“, warnt Spartenobmann Sigi Menz: „Wir brauchen mehr denn je eine Strompreiskompensation, wie sie der EU-Emissionshandel für wettbewerbsintensive Industrien vorsieht. Bei CO2-Preisen von 100 Euro pro Tonne duldet das keinen Aufschub. Mehr als die Hälfte aller EU-Staaten, inklusive unseren Nachbarn, hat diese Kompensation schon umgesetzt. Die Bundesregierung hat die Maßnahme sogar in ihrem Programm als Ziel formuliert!“

Verschärft wird das Manko, speziell gegenüber Deutschland, durch Zusatzkosten aus der seit 2018 künstlich getrennten deutsch-österreichischen Strompreiszone: „Die Preisdifferenz zu deutschen Unternehmen ist im Jahresdurchschnitt auf mehr als 30 Euro je Megawattstunde gestiegen. Allein 2022 ist Österreichs Stromverbrauchern daraus ein Nachteil von 1,9 Milliarden Euro erwachsen. Das geht voll zulasten der rot-weiß-roten Industriebetriebe“, gibt Menz zu bedenken.

Umso schwerer wiegt, dass sich bereits der nächste Preisschub abzeichnet – aus dem Entwurf zum Erneuerbares-Gas-Gesetz (EGG), dessen Begutachtung soeben beendet wurde. „Unrealistisch hohe Zielquoten und exorbitante Strafzahlungen für die Gaswirtschaft wären ein Giftcocktail; das würde eine Abschottung Österreichs vom europäischen Gasmarkt und einen neuen Preisschock für die Industrie bedeuten. Hier muss dringend nachgebessert werden“, warnt Menz eindringlich.

UVP-Novelle beschleunigt Wandel

Die Industrie fordert darüber hinaus eine weitere Diversifizierung der Gasimporte und den Ausbau heimischer Produktion, Österreichs Anbindung an Pipelines für Gas aus LNG-Terminals und den raschen, aber kosteneffizienten Markthochlauf für erneuerbares bzw. klimaneutrales Gas. Menz: „Insbesondere Biomethan und Wasserstoff sind für die Dekarbonisierung der Industrie auf dem Weg zur Klimaneutralität von zentraler Bedeutung.

Ein bisheriger Bremsklotz konnte unterdessen gelockert werden: „Die Novelle der Umweltverträglichkeitsprüfungen wird Verfahren beschleunigen, Investitionen anschieben und uns helfen, die Transformation in Richtung Energiewende rascher zu bewältigen“, ist Menz überzeugt. Er fordert ähnliche Fortschritte in der Digitalisierung im Bereich der Verwaltung.

Verhinderter Forscherdrang

„Wenn es um die Zukunftstechnologien für die Mobilität, Energieversorgung oder Produktion geht, sollten dem Forschungsdrang keine Grenzen gesetzt sein“, betont Spartengeschäftsführer Andreas Mörk: „Tatsächlich kämpfen wir aber mit einer Unterdotierung der Fördertöpfe.“ Jedes fünfte Projekt, das sich Unterstützung verdient hätte, konnte zuletzt mangels budgetärer Deckung nicht bedient werden. 2022 mussten in der Forschungsförderung 226 Mio. Euro abgelehnt werden, jedes zweite Nein betraf ein Unternehmen.

Die Mittel der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) ermöglichen vielen österreichischen Betrieben den Einstieg in Forschungstätigkeiten. Trotz der hohen Inflation ist keine Aufstockung geplant. Mörk sieht darin „einen nachhaltigen Schaden für den Forschungsstandort. Wir brauchen kurzfristig 50 Millionen und mittelfristig 100 Millionen Euro pro Jahr für die FFG-Basisprogramme, wenn Österreich den Anspruch auf Innovationsführerschaft Ernst nehmen will.“ 


Industrie in Zahlen

In Österreich gibt es rund 3.400 Industriebetriebe; das sind 1,3 Prozent der insgesamt 272.000 Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft. Zugleich erwirtschaftet die Industrie jedoch ganze 37 Prozent des Produktionswerts und gibt 17 Prozent der Beschäftigten einen Arbeitsplatz. Österreichs Industrieunternehmen sind mit 68 Prozent Exportquote zudem besonders stark international vernetzt.


(PWK097/HSP)