Sujet EU Panorama
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WKÖ EU-Wirtschaftspanorama 12/2023

Ausgabe 31. März 2023

Lesedauer: 7 Minuten

Aktualisiert am 05.08.2023

Inhaltsübersicht



Im Brennpunkt


Fit for 55-Klimapaket wird weiter festgezurrt

Der Rat der EU hat diese Woche mehrere Beschlüsse zum Fit for 55-Paket abgenommen, darunter Änderungen zur Marktstabilitätsreserve. Diese zielt darauf ab, den seit 2009 im EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS) aufgebauten Überschuss an Emissionsberechtigungen abzubauen und die Widerstandsfähigkeit des Systems gegenüber größeren Schocks zu verbessern. Das Angebot an zu versteigernden Zertifikaten wird durch die Reserve angepasst. Die österreichische Wirtschaft unterstützt das Pariser Klimaabkommen und das europäische Ziel der Klimaneutralität bis 2050. Um diese ambitionierten Ziele zu erreichen, ist eine gesamthafte und technologieoffene Transformationsstrategie notwendig.

Der Rat hat weiters eine Verordnung angenommen, in der strengere CO2-Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge festgelegt werden. Die neuen Vorschriften zielen darauf ab, die Emissionen des Straßenverkehrs zu reduzieren, der den höchsten Anteil an verkehrsbedingten Emissionen hat. Von 2025 bis Ende 2029 gilt ein regulatorischer Anreizmechanismus für emissionsfreie und emissionsarme Fahrzeuge (ZLEV). Im Rahmen dieses Mechanismus kann ein Hersteller, wenn er bestimmte Benchmarks für den Verkauf von emissionsfreien und emissionsarmen Fahrzeugen erfüllt, mit weniger strengen CO2-Zielen belohnt werden. Die Verordnung enthält auch einen Verweis auf E-Fuels. Die Kommission wird nach einer Konsultation mit Interessenträgern einen Vorschlag zur EU-rechtskonformen Registrierung von Fahrzeugen, die ausschließlich mit CO2-neutralen Kraftstoffen betrieben werden, nach 2035 außerhalb des Anwendungsbereichs der Flottenstandards vorlegen.

EU-Rat und Parlament haben sich zudem auf Regelungen zur Erweiterung des Angebots an Ladestationen für alternative Kraftstoffe sowie auf die Stärkung der EU-Richtlinie über erneuerbare Energien geeinigt. Die Vereinbarung hebt das verbindliche Ziel der EU für erneuerbare Energien für 2030 auf mindestens 42,5 Prozent an, gegenüber dem derzeitigen Ziel von 32 Prozent. Die Verhandlungsführer einigten sich auch darauf, dass die EU bis 2030 einen Anteil von 45 Prozent an erneuerbaren Energien erreichen will. Dies kann der Wirtschaft zahlreiche Chancen eröffnen. Heimische Unternehmen sind in diesen Bereichen Spitzenreiter.  

Ansprechpartnerin: Franziska Annerl


Unternehmertum & Industriepolitik


Politische Einigung über Instrument gegen Zwangsmaßnahmen erzielt

Abgeordneter Bernd Lange
© Europäisches Parlament Abgeordneter Bernd Lange
Das Europäische Parlament, der Rat und die Europäische Kommission erzielten im dritten Trilog einen Durchbruch in den wichtigsten noch offenen Fragen des Gesetzgebungsverfahrens für das Instrument gegen Zwangsmaßnahmen (Anti-Coercion Instrument; ACI). Mit dem neuen ACI soll sich die EU mit spezifischen Gegenmaßnahmen gegen wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen durch Drittstaaten wie China, Russland oder die USA wehren können. Die EU-Kommission soll hierfür auf Basis des neuen EU-Gesetzes mittels Durchführungsverordnungen spezifische handels- und investitionsbeschränkende Gegenmaßnahmen gegen Drittstaaten oder einzelne Personen verhängen können, wenn ein Drittstaat Zwangsmaßnahmen gegen die EU verhängt. 


Die Wirtschaftskammer Österreich teilt in ihrer Stellungnahme die Auffassung, dass unfaire handels- und investitionsbezogene Zwangsmaßnahmen von Drittstaaten die Außenwirtschaftsfreiheit österreichischer und europäischer Unternehmen beschränken. Die EU verfügt bisher über kein handelspolitisches Schutzinstrumente, um dem entgegenzuwirken. 

Vorrangiges Ziel des Instruments ist es nicht Gegenmaßnahmen zu ergreifen, sondern Drittstaaten präventiv von der Verhängung von Zwangsmaßnahmen abzuschrecken. Gegenmaßnahmen dürfen erst die ultima ratio sein. Die vorläufige Einigung umfasst neben den Beschlussfassungsmodalitäten auch die Liste möglicher Gegenmaßnahmen für den Fall, dass eine Nötigung festgestellt wird, das Drittland aber seine Zwangsmaßnahmen beibehält. Die Arbeiten werden jetzt auf technischer Ebene fortgesetzt. Sobald der Text fertiggestellt ist, müssen das Europäische Parlament und der Rat die neue Verordnung annehmen, bevor sie in Kraft treten kann. 

Ansprechpartner: Sebastian Köberl


Neue EU-Vorschläge für weniger Bürokratie und mehr Transparenz im Gesellschaftsrecht

unsplash Wesley Tingey
© unsplash Wesley Tingey

Die Europäische Kommission hat einen Vorschlag für eine Richtlinie angenommen, die es Gesellschaften erleichtern soll, die Nutzung digitaler Werkzeuge und Verfahren im EU-Gesellschaftsrecht auszuweiten. Der Vorschlag soll die Geschäftstätigkeit grenzüberschreitend tätiger Unternehmen erleichtern und für mehr Transparenz sorgen. Die Regelung soll den bürokratischen Aufwand verringern und dank eines EU-Gesellschaftszertifikats oder der Anwendung des Grundsatzes der einmaligen Erfassung jährlich etwa 437 Millionen Euro an Verwaltungskosten einsparen. Der Vorschlag soll zur weiteren Digitalisierung des Binnenmarkts beitragen und insbesondere kleine und mittlere Unternehmen dabei unterstützen, in der EU grenzüberschreitend tätig zu werden. 

Zum Abbau von Bürokratie und zur Verringerung des Verwaltungsaufwands für grenzüberschreitend tätige Unternehmen werden unter anderem folgende Vorschriften vorgeschlagen:

  1. Anwendung des Grundsatzes der einmaligen Erfassung, damit Unternehmen bei der Errichtung einer Zweigniederlassung oder eines Unternehmens in einem anderen Mitgliedstaat Informationen nicht erneut übermitteln müssen. Die einschlägigen Informationen können über das System zur Verknüpfung von Unternehmensregistern (BRIS) ausgetauscht werden;
  2. Ein EU-Gesellschaftszertifikat mit grundlegenden Informationen über Unternehmen, das kostenlos in allen EU-Sprachen verfügbar sein wird;
  3. Eine mehrsprachige Standardvorlage für eine digitale EU-Vollmacht, mit der eine Person zur Vertretung eines Unternehmens in einem anderen Mitgliedstaat ermächtigt wird;
  4. Beseitigung von Formalitäten wie der Notwendigkeit einer Apostille oder beglaubigter Übersetzungen von Unternehmensdokumenten. 

Ansprechpartnerin: Verena Martelanz


Innovation / Digitalisierung


Data Act soll Zugang zu Daten verbessern

Ziel des von der EU-Kommission vorgeschlagenen Data Acts ist eine faire Verteilung des Mehrwerts aus der Nutzung von Daten. Angestrebt wird ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Recht auf Zugang zu und Anreizen für Investitionen in Daten. Die Vertreter der EU-Mitgliedstaaten haben dazu eine gemeinsame Position („Verhandlungsmandat“) erreicht. Ein besserer Zugang zu Daten ist ein wesentlicher Faktor für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit heimischer und europäischer Unternehmen. In diesem Feld besteht noch großes Potenzial in Österreich und in der EU. Zusätzliche administrative Anforderungen und Belastungen für die Unternehmen sind jedoch zu vermeiden. 

Nach dem im Jahr 2022 angenommenen Data-Governance-Gesetz ist die Data-Act-Verordnung die zweite wichtige Gesetzgebungsinitiative, die sich aus der europäischen Datenstrategie der Kommission vom Februar 2020 ergibt. Sobald die Position auch im Parlament geklärt ist, werden die Verhandlungen zwischen dem Rat und dem Europäischen Parlament über die vorgeschlagenen Rechtsvorschriften zum fairen Zugang zu und zur Nutzung von Daten starten. 

Ansprechpartnerin: Katja Schager


Kurz & bündig


Europäische Kommission investiert 1,3 Milliarden Euro in digitalen Wandel und Cybersicherheit  

Die Europäische Kommission stellt fast 1,3 Milliarden Euro für zwei mehrjährige Arbeitsprogramme für das Programm „Digitales Europa“ bereit. Damit sollen die technologische Souveränität Europas gestärkt und digitale Lösungen für öffentliche Verwaltungen und Unternehmen entwickelt werden. Das Hauptarbeitsprogramm im Wert von 909,5 Millionen Euro für den Zeitraum 2023-2024 umfasst die Umsetzung von Projekten, die digitale Technologien wie Supercomputer, Daten, Künstliche Intelligent, Cloud und fortgeschrittene digitale Kompetenzen nutzen. Auch heimische Unternehmen können profitieren. 


EU-Gas-Notfallplan wird um 12 Monate verlängert

Der Rat hat heute den „Save gas for a safe winter“-Plan der EU-Kommission für Maßnahmen zur Reduzierung der Gasnachfrage um 15 Prozent verlängert. Die im Juli 2022 vereinbarte Verordnung läuft Ende März aus. Eine Analyse der Kommission zeigt, dass diese Bestimmung für weitere zwölf Monate fortzusetzen ist, um Probleme mit der Versorgungssicherheit im nächsten Winter zu vermeiden. Die aktuelle Krise kann nach Ansicht der WKÖ nicht allein durch eine Einschränkung des Energieverbrauchs gelöst werden. Die Diversifizierung der Energieversorgung ist dringend sicherzustellen. Das bedeutet zum Beispiel, Energiepartnerschaften mit verschiedenen Ländern einzurichten. 


Wie wettbewerbsfähig sind Europas Regionen?

Die Kommission hat den Index für regionale Wettbewerbsfähigkeit (Regional Competitiveness Index – RCI) veröffentlicht. Aus dem komplett überarbeiteten RCI 2.0 geht hervor, dass es immer noch große Unterschiede zwischen den europäischen Regionen gibt, aber auch, dass die weniger entwickelten Regionen wettbewerbsfähiger geworden sind. Dem Index zufolge sind Utrecht und Südholland sowie die französische Hauptstadtregion Île-de-France die wettbewerbsfähigsten Regionen der EU. Die niedrigsten Werte werden jedoch auch weiterhin vor allem in den weniger entwickelten Regionen der östlichen EU-Mitgliedstaaten verzeichnet.


WKÖ sucht Trainees – Jetzt bewerben bis 17. April 2023!

Wer die Interessen der Wirtschaft auf nationaler und europäischer Ebene vertreten und mitgestalten möchte, ist richtig bei unserem WKÖ-Traineeprogramm! Das zweijährige Programm bietet die einmalige Gelegenheit, die Wirtschaftskammer und öffentliche Institutionen (zum Beispiel ein Ministerium) von innen zu erleben. Außerdem ist ein Praktikum in der EU-Hauptstadt Brüssel in einer EU-Institution, in der EU Representation der WKÖ oder in einem europäischen Wirtschaftsverband vorgesehen. Das WKÖ-Traineeprogramm kann mit einem Einsatz in einem Mitgliedsunternehmen abgerundet werden. Bei den vielfältigen Stationen des Traineeprogramms können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein starkes Netzwerk aufbauen, das bei der weiteren Karriereplanung sehr nützlich sein wird. Bewerbungen können bis 17. April 2023 online abgegeben werden. Das WKÖ-Traineeprogramm startet mit 1. Oktober 2023.

Jobs+Jobs+Jobs


EAD sucht Financial Assistant 

Der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) mit Sitz in Brüssel sucht:

  • Financial Assistant (m/w/d)
    Temporary Agent, Grade: FG III, Reference: 23/EJ/01, Deadline for applications: 03/04/2023

Weitere Informationen sind online abrufbar. 


EU-Agenda


Sitzung der Europäischen Kommission  

5. April  

  • Mitteilung als Reaktion auf die europäische Bürgerinitiative „Rettet die Bienen und die Landwirte!“ 
  • Initiative zur Übertragung von Strafverfahren  

Ausschüsse des Europäischen Parlaments 

13. April - Ausschuss für Verkehr und Tourismus 

  • Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, Änderung der Verordnung (EU) 2021/1153 und der Verordnung (EU) Nr. 913/2010 und Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1315/2013 

Ausgewählte laufende Konsultationen    

Justiz und Grundrechte 

Inneres 

Justiz und Grundrechte 

Inneres 



REDAKTION: 
Franziska Annerl, Franziska.Annerl@eu.austria.be, EU Representation der WKÖ

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