Sujet EU Panorama
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WKÖ EU-Wirtschaftspanorama 8/2023

Ausgabe 3. März 2023

Lesedauer: 9 Minuten

Aktualisiert am 13.03.2023

Inhaltsübersicht



Im Brennpunkt


Sustainable Finance: Green Bonds sollen nachhaltige Investitionen fördern

© European Council

Die Verhandlungsführer des Rates und des Europäischen Parlaments haben eine vorläufige Einigung über die Schaffung europäischer grüner Anleihen (EuGB) erzielt. Die Verordnung legt einheitliche Anforderungen für Emittenten fest, die die Bezeichnungen „Europäische grüne Anleihe“ oder „EuGB“ für ihre umweltverträglichen Anleihen verwenden möchten und soll bessere Vergleichbarkeit erzielen. Bis Ende 2026 sollen Green Bonds im Wert von bis zu 250 Milliarden Euro Europas Wirtschaft und den grünen Übergang ankurbeln. Dies eröffnet der Wirtschaft zahlreiche Chancen – sei es im Zusammenhang mit der Renovierungswelle, Umstieg auf erneuerbare Energien oder im Bereich nachhaltige Mobilität. Heimische Unternehmen sind in diesen Bereichen Spitzenreiter. 

Die EU hat sich durch das Pariser Klimaschutzabkommen und die UN Sustainable Development Goals zur Erreichung umfassender Klimaziele bekannt. Demnach soll jährlich zusätzliches Kapital in Höhe von 180 Milliarden Euro nachhaltigen Zwecken zufließen. Finanzierungen werden als nachhaltig (sustainable) eingestuft, wenn sie Nachhaltigkeitskriterien entsprechend der EU-Taxonomie erfüllen. Eine EU-weit einheitliche Klassifikation kann helfen, Gelder gezielt in Nachhaltigkeit zu lenken. Die neuen Regeln können aber aus Sicht der Wirtschaft auch unbeabsichtigte Nebeneffekte nach sich ziehen, wie etwa erhöhte Finanzierungskosten für bestimmte Industrien. Die administrative Last für Unternehmen muss so gering als möglich sein.  

Gemäß der Vereinbarung zu Green Bonds müssen alle Erlöse aus EuGB in wirtschaftliche Tätigkeiten investiert werden, die mit der EU-Taxonomie übereinstimmen. Voraussetzung ist, dass die betreffenden Sektoren bereits von ihr abgedeckt sind. Für noch nicht erfasste Sektoren und für bestimmte, sehr spezifische Aktivitäten wird es eine Flexibilitätsreserve von 15 Prozent geben. Die Vereinbarung muss jetzt noch von Rat und Parlament formell angenommen werden. Sie wird 12 Monate nach dieser Bestätigung in Kraft treten.

Green Claims für Waren und Dienstleistungen

Um sicher zu gehen, dass dort wo „grün“ draufsteht, auch tatsächlich „grün“ drinnen ist, plant die EU-Kommission zudem die Präsentation des sogenannten „Green Claims“ Vorschlages in Bezug auf Waren und Dienstleistungen. Der Vorschlag soll laut Entwurf gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen bei der Vermarktung ihrer Umweltfreundlichkeit gewährleisten sowie vergleichbare und überprüfbare Angaben für Waren und Dienstleistungen sicherstellen. Er dürfte in den kommenden Wochen veröffentlicht werden.

Ansprechpartnerin: Franziska Annerl


Binnenmarkt


London und Brüssel finden Einigung zu Nordirland-Protokoll

GSV Mariana Kühnel
© WKOE MarekKnopp

Nach jahrelangen Verhandlungen über die Brexit-Sonderregeln für Nordirland haben Großbritannien und die EU mit der Windsor-Erklärung einen Kompromiss beim Handelsregime gefunden. Die WKÖ begrüßte die Einigung zwischen London und der EU. „Heimische Wirtschaftstreibende hoffen, dass nun auch Blockaden in anderen noch offenen Bereichen gelöst werden können. Besonders wichtig wäre eine rasche Assoziierung des Vereinigten Königreichs zum EU-Forschungsförderungsprogramm 'Horizon Europe'. Nicht nur Briten, auch EU bzw. österreichische Forschungseinrichtungen und Betriebe haben in der Vergangenheit stark von Kooperationen profitiert“, betonte die stellvertretende WKÖ-Generalsekretärin Mariana Kühnel.  

Das Nordirlandprotokoll ist Teil des Brexit-Austrittsabkommens und soll sicherstellen, dass es nicht zu einer harten Grenze zwischen Irland und Nordirland kommt. Damit will man vermeiden, dass der jahrelange Konflikt um die Wiedervereinigung Irlands wieder auflebt. Der Preis für den nordirischen Zugang zum Binnenmarkt ist eine neue Grenze zwischen Großbritannien und Nordirland. Nur so kann der Binnenmarkt vor unkontrollierten Waren von außen geschützt werden. Diese neue Grenze versuchte die britische Regierung im Nachhinein auszuhebeln. Nach drei Jahren Streit und Rechtsunsicherheit haben sich nun beide Seiten über die Anwendung des Nordirlandprotokolls geeinigt. Das Windsor Framework umfasst neue Regelungen im Bereich Zoll, SPS (sanitäre Produkte), Medikamente, Staatliche Beihilfen, Mehrwertsteuer. Zugeständnisse gibt es an die nordirische parlamentarische Versammlung, die im Notfall bestimmte EU-Rechtsbestimmungen für in Nordirland nicht anwendbar erklären kann. Die Rolle des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in Nordirland – eine rote Linie der EU - bleibt unverändert. 

Ansprechpartnerin: Lisa Rilasciati


Nachhaltigkeit


Kommission schnürt Paket für mehr Straßenverkehrssicherheit

© Europäisches Parlament
Das Paket enthält Vorschläge zur Überarbeitung der Führerscheinvorschriften und neue Bestimmungen zur Erleichterung der grenzüberschreitenden Durchsetzung von Verkehrsvorschriften. Um die Anerkennung von Führerscheinen zwischen den Mitgliedstaaten zu vereinfachen, schlägt die Kommission die Einführung eines digitalen Führerscheins vor. Ein spezielles IT-Portal wird den Bürger:innen einen einfachen Zugang zu Informationen über die in den einzelnen Mitgliedstaaten geltenden Straßenverkehrssicherheitsvorschriften bieten. 

Die Kommission möchte Vollzugsbehörden in Zukunft Zugang zu den nationalen Führerscheinregistern ermöglichen. Zudem soll die Rolle der eingerichteten nationalen Kontaktstellen gestärkt werden, damit diese besser mit den Vollzugsbehörden zusammenarbeiten können. 

Ergänzungen den der geltenden Regelung sollen zudem dazu beitragen, die Straffreiheit der häufigsten und schwerwiegendsten Verstöße zu verringern. Die Mitgliedstaaten erhalten mehr Möglichkeiten, Zuwiderhandelnde aus anderen Mitgliedstaaten zu bestrafen. Um die Straffreiheit von Verkehrssündern zu verhindern, wird ein neues System eingeführt, das einen EU-weiten Entzug der Fahrerlaubnis ermöglicht.

Die Vorschläge werden nun vom Europäischen Parlament und dem Rat im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens geprüft. In ihrem Strategierahmen für die Straßenverkehrssicherheit 2021-2030 hat die Kommission ihr ehrgeiziges Ziel bekräftigt, bis 2050 die Zahl der Verkehrstoten und Schwerverletzten auf den Straßen der EU auf nahezu Null zu senken (Vision Zero) und die Zahl der Toten und Schwerverletzten bis 2030 um 50 Prozent zu reduzieren. Die aktuellen Vorschläge sollen dazu beitragen, diese Ziele zu erreichen. Sie wurden in der Kommissionsstrategie für nachhaltige und intelligente Mobilität 2020 angekündigt.

Ansprechpartnerin: Sophia Yehdegho


Kurz & bündig


Konferenz "SMEs' Collaboration and Employee Mobility in the European Single Market" am 14. März in Brüssel

Die Spanische Wirtschaftskammer in Belgien und Luxemburg lädt am 14. März zu der im Rahmen des MobiliseSME-Programms organisierten Konferenz ein. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen Themen wie der Mehrwert der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in der EU für Mitarbeiter:innen von KMU und die Erfolge des MobiliseSME-Programms, einschließlich der Erfolgsgeschichten von Mitarbeiter:innen, Manager:innen und Geschäftsführer:innen. In einer Podiumsdiskussion mit Vertreter:innen der GD Employment und der GD Growth werden die Herausforderungen und Zukunftsszenarien für den EU-Binnenmarkt erörtert, der 2023 sein 30-jähriges Bestehen feiert. Das vollständige Programm können Sie hier einsehen. Registrierung ist erwünscht. 


EU schnürt zehntes Sanktionspaket gegen Russland

Im Mittelpunkt des von den Mitgliedstaaten angenommenen Pakets stehen scharfe Ausfuhrrestriktionen in Höhe von rund elf Milliarden Euro. Diese betreffen vor allem Industrie- und Technologiegüter, die eine kritische Rolle für Russlands Wirtschaft spielen. Ebenso werden die Exportbestimmungen für Güter mit zivilem und militärischem Verwendungszweck (Dual Use-Güter) weiter verschärft. Elektronische Bauteile für Drohnen, Raketen und Hubschrauber sind davon genauso betroffen wie bestimmte Seltene Erden und Wärmebildkameras. Zusätzlich werden weitere zentrale Akteure der russischen Desinformationskampagne sowie Militärvertreter sanktioniert. Die relevanten Rechtsakte wurden im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Die Wirtschaftskammer unterstützt heimische Unternehmen, die in Russland und der Ukraine aktiv sind, weiterhin mit Informationen und Beratung. 


Jobs+Jobs+Jobs


EUSPA sucht Operator 

Die Agentur der Europäischen Union für das Weltraumprogramm (EUSPA) mit Sitz in Prag sucht:

  • Operator at the Galileo Security Monitoring Centre (GSMC) (m/w/d)
    Contract Agent, Grade: FG IV, Reference: EUSPA/2023/CA/001, Deadline for applications: 21/03/2023

Weitere Informationen sind online abrufbar.


FRA sucht Finance and Contracts Assistant 

Die Europäische Agentur für Grundrechte (FRA) mit Sitz in Wien sucht:

  • Finance and Contracts Assistant (m/w/d)
    Temporary Agent, Grade: AST 3, Reference: FRA-TA-PROCAST-AST3-2023, Deadline for applications:   15/03/2023

Weitere Informationen sind online abrufbar.


EuGH sucht Praktikant:innen 

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit Sitz in Luxemburg sucht:        

  • Praktikant:innen (m/w/d) in den Kabinetten
    Internship, Reference: CJ STAGES CAB-2023/1, Deadline for applications: 15/04/2023  
  • Praktikant:innen (m/w/d) bei den Dienststellen des Gerichtshofs
    Internship, Reference: CJ STAGES SER-2023/1, Deadline for applications: 15/04/2023  

Weitere Informationen sind online abrufbar. 


EU-Agenda


Sitzung der Europäischen Kommission  

8. März 

  • Sicherheits- und Verteidigungspaket 
    • EU-Strategie für die maritime Sicherheit 
    • Gemeinsame Mitteilung über eine EU-Raumfahrtstrategie für Sicherheit und Verteidigung 
  • Solidarität mit der Ukraine: Ein Jahr Umsetzung der Richtlinie über vorübergehenden Schutz  

Ausschüsse des Europäischen Parlaments  

6. März - Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit 

  • Aussprache mit der Kommission über das jüngste Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-162/21 in Bezug auf Ausnahmen vom ausdrücklichen Verbot des Inverkehrbringens und der Verwendung von Saatgut, das mit Neonicotinoid enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde 
  • Überarbeitung der EU-Initiative für Bestäuber – Ein neuer Deal für Bestäuber  

6. März - Gemeinsamer Ausschuss für Haushalt und für Wirtschaft und Währung 

  • Durchführung von InvestEU: Aussprache mit Johannes Hahn, Kommissar für Haushalt und Verwaltung, Paolo Gentiloni, Kommissar für Wirtschaft, und Teresa Czerwińska, Vizepräsidentin der Europäischen Investitionsbank  

9. März - Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten 

  • Meinungsaustausch mit dem EAD über die Lage in Mexiko einschließlich des Stands der Verhandlungen über das Globalabkommen EU-Mexiko  

Ausgewählte Tagungen des Rates  

7. März  

  • Tagung des Rates „Bildung, Jugend, Kultur und Sport“ (Bereich Bildung) 
    • Schlussfolgerungen zu Kompetenzen und Fertigkeiten für den ökologischen Wandel 
    • Hochwertige Lehrkräfte – der Eckpfeiler eines erfolgreichen europäischen Bildungsraums: Lehrermangel und die Herausforderung, qualifizierte und gut ausgebildete Lehrkräfte und Ausbilder anzuwerben, weiterzubilden und zu halten 
    • Tag der Europäischen Autoren  

7. / 8. März  

9. / 10. März 

9. / 10. März 


Ausgewählte Fälle des Europäischen Gerichtshofes  

Donnerstag, 9. März 2023 

Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-356/22 Pro Rauchfrei II 

Warnhinweise beim Verkauf von Zigaretten über Automaten    

An den Kassen von zwei Münchner Supermärkten wurden Zigarettenpackungen über Warenausgabeautomaten angeboten. Die Packungen waren zwar mit den vorgeschriebenen gesundheitsbezogenen Warnhinweisen versehen, für die Kunden aber nicht sichtbar. Nach Auswahl der Marke durch Drücken einer entsprechenden Taste fiel eine Zigarettenpackung auf das Kassenband und war dann vom Kunden an der Kasse zu bezahlen, falls er es sich nicht anders überlegte. Die Auswahltasten waren mit Abbildungen versehen, die zwar keine naturgetreuen Zigarettenpackungen zeigten, aber hinsichtlich Markenlogo, Proportion, Farbgebung und Dimensionierung wie Zigarettenpackungen gestaltet waren. Gesundheitsbezogene Warnhinweise zeigten die Abbildungen nicht.   

Der deutsche Verbraucherverein Pro Rauchfrei hat den Betreiber der Supermärkte vor den deutschen Gerichten auf Unterlassung verklagt.   

Der Bundesgerichtshof (BGH) legte dem EuGH in diesem Zusammenhang eine Reihe von Fragen vor, mit denen geklärt werden sollte, ob Zigarettenpackungen an Supermarktkassen über Warenausgabeautomaten angeboten werden dürfen, wenn die gesundheitsbezogenen Warnhinweise auf den Zigarettenpackungen durch den Automaten verdeckt sind.  

Mit Urteil vom 9. Dezember 2021 (C‑370/20) hat der EuGH zwei der vier vorgelegten Fragen beantwortet, nämlich jene, mit denen geklärt werden sollte, ob die Bilder auf den Auswahltasten als Bilder einer Zigarettenpackung anzusehen sind, auf denen ebenso wie auf der Packung selbst die vorgeschriebenen gesundheitsbezogenen Warnhinweise zu sehen sein müssen.    

Um den bei ihm anhängigen Rechtsstreit entscheiden zu können, hält der BGH jedoch auch eine Beantwortung der beiden anderen Fragen für erforderlich. Diese betreffen den Begriff des „Inverkehrbringens“ sowie das Verbot, die Warnhinweise "durch sonstige Gegenstände zu verdecken". Der BGH hat daher diese beiden Fragen dem EuGH erneut vorgelegt.  

Weitere Informationen 


Ausgewählte laufende Konsultationen    

Binnenmarkt 



REDAKTION: 
Franziska Annerl, Franziska.Annerl@eu.austria.be, EU Representation der WKÖ

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