WKÖ EU-Wirtschaftspanorama 30/2022
Ausgabe 23. September 2022

Inhaltsübersicht
Highlight
Im Brennpunkt
Unternehmertum & Industriepolitik
Innovation / Digitalisierung
Highlight
LOOK AUT - Energie, Schulden und Solidarität: Das sagt von der Leyen zur Lage der Union
© WKÖ
Sie wollen wissen, was die EU Institutionen aktuell besonders bewegt? Veronika Möller, Abteilungsleiterin EU Representation der Wirtschaftskammer Österreich, gibt im neuen LOOK AUT Video ein persönliches Stimmungsbild aus Brüssel zur State of the Union-Rede und einen Einblick was die kommenden Monate bringen.
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Im Brennpunkt
Neues Notfallinstrument für funktionierenden Binnenmarkt in Krisenzeiten

Die EU-Kommission hat diese Woche das lang erwartete Binnenmarkt-Notfallinstrument (Single Market Emergency Instrument; SMEI) vorgelegt. Ziel ist, den Binnenmarkt für künftige Krisen zu wappnen. Das SMEI schafft einen neuen Rahmen für das Krisenmanagement. Bedrohungen für den Binnenmarkt sollen effizient ermittelt und dessen reibungsloses Funktionieren gewährleistet werden. Gerade in Krisenzeiten ist der Binnenmarkt das wichtigste Asset für Europas Wirtschaft. Das neue Instrument muss den Unternehmen helfen, darf aber keinen zusätzlichen bürokratischen Aufwand schaffen. Der Fokus sollte zudem auf freiwilligen Initiativen liegen.
Durch den Ausbruch der COVID-Pandemie wurden sehr plötzlich die strukturellen Mängel und die bestehenden Hindernisse im Binnenmarkt deutlich. Diese Hindernisse waren ein Mitgrund für die verzögerte Krisenbekämpfung sowie einen langsamer anlaufenden Wiederaufbau als erhofft. Auch zahlreiche Beschränkungen und Hürden für die europäische Wirtschaft, von denen KMUs überproportional betroffen waren, sind darauf zurückzuführen. Aus den Fehlern gilt es zu lernen, was die EU-Kommission mit dem neuen Instrument tun möchte.
Das SMEI soll nicht nur im Kampf gegen Pandemien, sondern gegen Krisen aller Art im Einsatz sein. Ziel ist ein funktionierender Binnenmarkt. Der Vorschlag ist aber noch weit und teilweise vage formuliert auf Basis eines Stufenmodells. Dies könnte gerade in Krisenzeiten zu Missverständnissen führen. Die Grundidee, das heißt weniger Ad-hoc-Maßnahmen einzelner Regierungen in Krisensituationen, hat die Wirtschaft schon länger gefordert. Allerdings bietet die Ausgestaltung des SMEI viele offene Fragen und enthält Verpflichtungen für Unternehmen, die als sehr kritisch zu beurteilen sind. Wichtige Aspekte, wie beispielsweise die Verteilung der strategischen Reserven und die Entschädigungen für Unternehmen, sind ungeklärt. Der Kommissionsvorschlag geht nun an EU Rat und Parlament, die jeweils ihre Standpunkte entwickeln. Ein Datum für das Inkrafttreten ist zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht absehbar.
Ansprechpartnerin: Paul Ploberger
Unternehmertum & Industriepolitik
CETA: EU-Kanada-Handelsabkommen hat konkrete Vorteile für heimische Unternehmen

Am 21. September 2022 jährte sich die vorläufige Anwendung des umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens (CETA) zwischen der EU und Kanada zum fünften Mal. CETA ist eine zentrale Säule der politischen, handelspolitischen und wirtschaftlichen Partnerschaft zwischen der EU und Kanada. Als kleines, exportorientiertes Land profitiert Österreich ganz besonders vom Zollabbau und der Reduktion von Handelshürden.
Die Möglichkeiten, europäische Firmen bei der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen in Kanada zu diskriminieren, wurde durch das Abkommen deutlich reduziert. Auch EU-Anbieter von Dienstleistungen profitieren im Hinblick auf verbesserte Marktzugangsmöglichkeiten und Regulierungen. Das Prinzip der Nicht-Diskriminierung erleichtert ebenfalls den Marktzugang für gegenseitige Investitionen. Die ausverhandelten Investitionsschutzbestimmungen gehörten bereits 2014 zu den international modernsten.
Ein weiterer Vorteil: Kanada hat für bestimmte europäische und auch österreichische geografische Herkunftsbezeichnungen die rechtlichen Schutzbestimmungen verstärkt. CETA ist ein gut gemachtes und faires Handelsabkommen, von dem alle Seiten profitieren. Aufbauend auf dieser engeren Beziehung hat sich die im Juni 2021 unterzeichnete strategische Partnerschaft zwischen der EU und Kanada im Bereich Rohstoffe im aktuellen geopolitischen Kontext als besonders wichtig erwiesen.
Ansprechpartnerin: Sebastian Köberl
Innovation / Digitalisierung
Mehr Innovationen sind entscheidender Wettbewerbsvorteil

Das neueste European Innovation Scoreboard zeigt, dass die Innovationsleistung der EU seit 2015 um etwa 10% gestiegen ist. Im Vergleich zum EU-Durchschnitt haben globale Wettbewerber wie Australien, Kanada, die Republik Korea und die Vereinigten Staaten weiterhin einen Vorteil. Die Lücke schließt sich jedoch zunehmend. Österreich zählt zur Gruppe der starken Innovatoren, die über dem EU-Durchschnitt liegen. Eine starke Innovationsleistung ist auch entscheidend für Europas Autonomie und Wettbewerbsfähigkeit.
Das Innovationsgefälle der EU bleibt laut Scoreboard bestehen. Die Leistungsgruppen sind in der Regel geografisch konzentriert: Die Innovationsführer und die stärksten Innovatoren sind in Nord- und Westeuropa, die meisten der moderaten und aufstrebenden Innovatoren in Süd- und Osteuropa. Im Vergleich zur letztjährigen Ausgabe haben drei Länder die Leistungsgruppen geändert. Die Niederlande sind zu einem Innovationsführer geworden, Zypern zu einem starken und Estland zu einem moderaten Innovator abgestiegen.
Im Rahmen der im Juli 2022 angenommenen Neuen Europäischen Innovationsagenda will sich die EU-Kommission darauf konzentrieren, die Innovationskluft in der EU zu überbrücken und Europa als führenden Akteur in der globalen Innovationslandschaft zu positionieren.
Ansprechpartnerin: Katja Schaqer
Nachhaltigkeit
5,2 Milliarden Euro Beihilfen können in Wasserstoff-Projekte fließen

Die EU-Kommission hat ein zweites wichtiges Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse („IPCEI“) genehmigt: Es wird Forschung und Innovation, die erste industrielle Nutzung und den Bau der Infrastruktur in der Wasserstoff-Wertschöpfungskette unterstützen. Das Projekt „IPCEI Hy2Use“ wurde von dreizehn Mitgliedstaaten – darunter Österreich - vorbereitet und notifiziert. 29 Unternehmen mit Aktivitäten in einem oder mehreren Mitgliedstaaten, einschließlich kleiner und mittlerer Unternehmen („KMU“) und Start-ups, werden an 35 Projekten mitwirken.
„IPCEI Hy2Use“ wird einen großen Teil der Wasserstoff-Wertschöpfungskette abdecken. Unterstützt wird unter anderem der Bau von großen Elektrolyseuren und Transportinfrastruktur für die Erzeugung, Speicherung und den Transport von erneuerbarem und CO2-armem Wasserstoff. Die Entwicklung innovativer und nachhaltigerer Technologien für die Integration von Wasserstoff in die industriellen Prozesse verschiedener Sektoren wird gefördert. Das IPCEI dürfte die Versorgung mit erneuerbarem und CO2-armem Wasserstoff verbessern und damit die Abhängigkeit von Erdgas verringern. Wasserstoff ist für die Wirtschaft ein zentraler Energieträger in der Energiewende.
Ansprechpartnerin: Stefanie Weissensteiner
Kurz & bündig
Handelsschutzmaßnahmen der EU erhalten über 460.000 europäische Arbeitsplätze
Die Europäische Kommission hat ihren Jahresbericht über die Handelsschutzmaßnahmen der EU im Jahr 2021 veröffentlicht. Laut Bericht wurden 462.000 Arbeitsplätze in wichtigen EU-Fertigungssektoren wie Aluminium, Stahl, Keramik und umweltfreundliche Technologien im Jahr 2021 direkt durch die Handelsmaßnahmen der EU geschützt. Dies zeigt, dass EU-Maßnahmen gegen unlautere internationale Handelspraktiken wirksam sind. Faire Wettbewerbsbedingungen sind für die heimische und europäische Wirtschaft wichtige Voraussetzungen im Rennen um internationale Marktanteile.
Europa feiert 35 Jahre Austauschprogramm Erasmus+
Seit 1987 hat Erasmus internationale Aufenthalte von 13 Millionen Menschen gefördert. Österreich nimmt seit 1992 am Erasmus+-Programm teil. Bisher hat 350.000 Personen aus Österreich das Fernweh gepackt, um in einem anderen Land ein Praktikum zu absolvieren, zu studieren, zu lehren, zu arbeiten oder ein Projekt zu initiieren. Neben Studierenden nehmen auch heimische Lehrlinge an Erasmus+ teil. Heimische Betriebe können damit von Mitarbeitern mit internationaler Erfahrung und Auslandskontakten profitieren. Für den Zeitraum 2021-2027 verfügt Erasmus+ über ein geschätztes Budget von 26,2 Milliarden Euro, das sich im Vergleich zum Vorgängerprogramm (2014-2020) nahezu verdoppelt hat. Es wird zudem um rund 2,2 Milliarden Euro aus dem EU-Instrument für externe Zusammenarbeit ergänzt.
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EUSPA sucht Financial Officer, GNSS Service Engineers und GNSS System Deployment and Operations Manager
Die Agentur der Europäischen Union für das Weltraumprogramm (EUSPA) mit Sitz in Prag sucht:
- Financial Officer (m/w)
Temporary Agent, Grade: AD 5, Reference: EUSPA/2022/AD/030, Deadline for applications: 11/10/22 - GNSS Service Engineers (m/w)
Temporary Agent, Grade: AD 7, Reference: EUSPA/2022/AD/31, Deadline for applications: 11/10/22 - GNSS System Deployment and Operations Manager (m/w)
Temporary Agent, Grade: AD 7, Reference: EUSPA/2022/AD/32, Deadline for applications: 11/10/22 - Facility Specialist (m/w)
Temporary Agent, Grade: AST 4, Reference: EUSPA/2022/AST/006, Deadline for applications: 18/10/22 - Security Engineer (m/w)
Temporary Agent, Grade: AD 6, Reference: EUSPA/2022/AD/034, Deadline for applications: 18/10/22 - System Engineer (m/w)
Temporary Agent, Grade: AD 6, Reference: EUSPA/2022/AD/034, Deadline for applications: 18/10/22
Weitere Informationen zu den Stellenausschreibungen sind online abrufbar.
ECHA sucht Regulatory Assistant and Financial Assistant
Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) mit Sitz in Helsinki sucht:
- Regulatory and Financial Assistant (m/w)
Temporary Agent, Grade: FG III, Reference: ECHA/CA/III/2022/002 Deadline for applications: 11/10/2022.
Weitere Informationen sind online abrufbar.
EU-Agenda
Sitzung der Europäischen Kommission
28. September
- Anpassung der Haftungsvorschriften
- Haftungsrichtlinie für künstliche Intelligenz
- Überarbeitung der Produkthaftungsrichtlinie
- Umsetzung der „sozialen Säule“
- Empfehlung zum Mindesteinkommen
- Schutz der Arbeitnehmer vor den Gefahren der Asbestexposition am Arbeitsplatz
Ausgewählte Ausschüsse des Europäischen Parlaments
26. September – Entwicklungsausschuss
- Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2023 – alle Einzelpläne
26. September – Ausschuss für Tourismus und Verkehr
- Der neue europäische Rahmen für urbane Mobilität
26. September – Ausschuss für Wirtschaft und Währung
- Währungspolitischer Dialog mit Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank
- Strukturierter Dialog zu Besteuerung mit Paolo Gentiloni, für Wirtschaft zuständiges Mitglied der Kommission
26. September – Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie
- zur Änderung der Richtlinie (EU) 2018/2001 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Energien, der Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und der Richtlinie 2012/27/EU über Energieeffizienz
26. September – Unterausschuss für Sicherheit und Verteidigung
- Meinungsaustausch mit Jan JIREŠ, stellvertretender Verteidigungsminister für Verteidigungspolitik und -planung der Tschechischen Republik, über die tschechischen Prioritäten im Bereich der EU-Sicherheit und Verteidigung
- Öffentliche Anhörung zum Krieg Russlands gegen die Ukraine - Antworten der EU und der Mitgliedstaaten
- Umsetzung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik - Jahresbericht 2022
Ausgewählte Tagungen des Rates
26. September
- Rat „Landwirtschaft und Fischerei“
- Ernährungssicherheit und Erschwinglichkeit von Nahrungsmitteln
- Ernährungssicherheit und Erschwinglichkeit von Nahrungsmitteln
29. September
- Rat „Wettbewerbsfähigkeit“
- Notfallinstrument für den Binnenmarkt
- Ökodesign Verordnung
30. September
- Außerordentliche Tagung des Rates „Verkehr, Telekommunikation und Energie“
- Verordnung des Rates über Notfallmaßnahmen gegen hohe Energiepreise
Ausgewählte Fälle des Europäischen Gerichtshofes
Donnerstag, 29. September 2022
Schlussanträge des Generalanwalts am Gerichtshof in der Rechtssache C-555/21 UniCredit Bank Austria
Vorzeitige Darlehensrückzahlung
Der österreichische Konsumentenschutzverein beanstandet vor den österreichischen Gerichten eine von der UniCredit Bank Austria in hypothekarisch sichergestellten Darlehensverträgen verwendete Klausel, wonach, wenn der Kunde von seinem Recht auf vorzeitige Darlehensrückzahlung Gebrauch macht, sich zwar die zu zahlenden Zinsen und die laufzeitabhängigen Kosten verringern, die laufzeitunabhängigen Bearbeitungsspesen aber nicht – auch nicht anteilig – rückerstattet werden.
Der OGH hat den EuGH hierzu um Auslegung der Richtlinie 2014/17 über Wohnimmobilienkreditverträge ersucht.
Er möchte wissen, ob die in Österreich für bis Ende 2020 geschlossene Kreditverträge geltende (Alt-)Regelung, wonach sich die vom Kunden zu zahlenden Zinsen und die von der Laufzeit abhängigen Kosten verhältnismäßig verringern, während es für laufzeitunabhängige Kosten an einer entsprechenden Regelung fehlte, mit der Richtlinie vereinbar ist.
Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona legt am 29.9. seine Schlussanträge vor.
Ausgewählte laufende Konsultationen
Statistiken
- Zukunftsvorbereitungen im Europäischen Statistischen System
19.07.2022 – 25.10.2022
Binnenmarkt
- Geistiges Eigentum – überarbeiteter Rahmen für Zwangslizenzierung von Patenten
07.07.2022 - 29.09.2022 - Binnenmarkt – Vorschlag für eine Gesetzgebungsinitiative zu grenzüberschreitenden Tätigkeiten von Vereinen
05.08.2022 – 28.10.2022
Wettbewerb
- Rechtssache zu staatlichen Beihilfen des Ausschusses zur Überwachung der Einhaltung des Übereinkommens von Aarhus: Auswirkungen/Optionen
13.07.2022 - 05.10.2022 - EU-Verfahrensvorschriften im Kartellbereich – Bewertung
30.06.2022 - 06.10.2022 - Vorschriften für die beihilferechtliche Würdigung staatlicher Darlehensgarantien – Bewertung
29.08.2022 – 21.11.2022
Steuern
- Steuerhinterziehung & aggressive Steuerplanung in der EU – Vorgehen gegen Vermittler („Enabler“)
06.07.2022 - 12.10.2022
Öffentliches Gesundheitswesen
- Neue EU-Strategie für globale Gesundheit
27.06.2022 - 19.09.2022
Verkehr
- Reisen – besserer Schutz für Reisende und ihre Rechte
14.09.2022 – 07.12.2022 - Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen in der EU – Überprüfung der Vorschriften
29.08.2022 – 21.11.2022 - Binnenschifffahrtsinformationsdienste – Überarbeitung der EU-Vorschriften
16.08.2022 – 22.11.2022 - Zählung der verkehrsbedingten Emissionen – „CountEmissions EU“
25.07.2022 – 17.10.2022 - Verkehrssicherheit – Bewertung der EU Vorschriften
06.07.2022 - 28.09.2022 - Fahrzeugsicherheit – Überarbeitung des EU-Pakets zur technischen Überwachung
06.07.2022 - 28.09.2022 - Triebfahrzeugführer – verbessertes EU-Zertifizierungssystem
01.06.2022 – 30.09.2022
Umwelt
- Wälder in der EU – neuer EU-Rahmen für die Waldüberwachung und Strategiepläne
25.08.2022 – 17.11.2022 - Bodengesundheit – Schutz, nachhaltige Bewirtschaftung und Wiederherstellung von Böden in der EU
01.08.2022 – 24.10.2022
REDAKTION:
Franziska Annerl, Franziska.Annerl@eu.austria.be, EU Representation der WKÖ
Wenn Sie das EU-Wirtschaftspanorama regelmäßig zugeschickt bekommen wollen oder sich vom Verteiler streichen lassen möchten, mailen Sie an: eu@eu.austria.be
MEDIENINHABER:
Wirtschaftskammer Österreich, Wiedner Hauptstraße 63, 1040 Wien
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