Sujet EU Panorama
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WKÖ EU-Wirtschaftspanorama 30/2022

Ausgabe 23. September 2022

Lesedauer: 9 Minuten

Aktualisiert am 13.03.2023

Inhaltsübersicht



Highlight


LOOK AUT - Energie, Schulden und Solidarität: Das sagt von der Leyen zur Lage der Union

Sie wollen wissen, was die EU Institutionen aktuell besonders bewegt? Veronika Möller, Abteilungsleiterin EU Representation der Wirtschaftskammer Österreich, gibt im neuen LOOK AUT Video ein persönliches Stimmungsbild aus Brüssel zur State of the Union-Rede und einen Einblick was die kommenden Monate bringen.

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Im Brennpunkt


Neues Notfallinstrument für funktionierenden Binnenmarkt in Krisenzeiten

Container vor blauem Himmel
© pixabay 652234

Die EU-Kommission hat diese Woche das lang erwartete Binnenmarkt-Notfallinstrument (Single Market Emergency Instrument; SMEI) vorgelegt. Ziel ist, den Binnenmarkt für künftige Krisen zu wappnen. Das SMEI schafft einen neuen Rahmen für das Krisenmanagement. Bedrohungen für den Binnenmarkt sollen effizient ermittelt und dessen reibungsloses Funktionieren gewährleistet werden. Gerade in Krisenzeiten ist der Binnenmarkt das wichtigste Asset für Europas Wirtschaft. Das neue Instrument muss den Unternehmen helfen, darf aber keinen zusätzlichen bürokratischen Aufwand schaffen. Der Fokus sollte zudem auf freiwilligen Initiativen liegen.

Durch den Ausbruch der COVID-Pandemie wurden sehr plötzlich die strukturellen Mängel und die bestehenden Hindernisse im Binnenmarkt deutlich. Diese Hindernisse waren ein Mitgrund für die verzögerte Krisenbekämpfung sowie einen langsamer anlaufenden Wiederaufbau als erhofft. Auch zahlreiche Beschränkungen und Hürden für die europäische Wirtschaft, von denen KMUs überproportional betroffen waren, sind darauf zurückzuführen. Aus den Fehlern gilt es zu lernen, was die EU-Kommission mit dem neuen Instrument tun möchte. 

Das SMEI soll nicht nur im Kampf gegen Pandemien, sondern gegen Krisen aller Art im Einsatz sein. Ziel ist ein funktionierender Binnenmarkt. Der Vorschlag ist aber noch weit und teilweise vage formuliert auf Basis eines Stufenmodells. Dies könnte gerade in Krisenzeiten zu Missverständnissen führen. Die Grundidee, das heißt weniger Ad-hoc-Maßnahmen einzelner Regierungen in Krisensituationen, hat die Wirtschaft schon länger gefordert. Allerdings bietet die Ausgestaltung des SMEI viele offene Fragen und enthält Verpflichtungen für Unternehmen, die als sehr kritisch zu beurteilen sind. Wichtige Aspekte, wie beispielsweise die Verteilung der strategischen Reserven und die Entschädigungen für Unternehmen, sind ungeklärt. Der Kommissionsvorschlag geht nun an EU Rat und Parlament, die jeweils ihre Standpunkte entwickeln. Ein Datum für das Inkrafttreten ist zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht absehbar.

Ansprechpartnerin: Paul Ploberger


Unternehmertum & Industriepolitik


CETA: EU-Kanada-Handelsabkommen hat konkrete Vorteile für heimische Unternehmen

Handschlag der kanadischen und europäischen Flaggen
© European Union 2016 Cristof Echard

Am 21. September 2022 jährte sich die vorläufige Anwendung des umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens (CETA) zwischen der EU und Kanada zum fünften Mal. CETA ist eine zentrale Säule der politischen, handelspolitischen und wirtschaftlichen Partnerschaft zwischen der EU und Kanada. Als kleines, exportorientiertes Land profitiert Österreich ganz besonders vom Zollabbau und der Reduktion von Handelshürden.

Die Möglichkeiten, europäische Firmen bei der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen in Kanada zu diskriminieren, wurde durch das Abkommen deutlich reduziert. Auch EU-Anbieter von Dienstleistungen profitieren im Hinblick auf verbesserte Marktzugangsmöglichkeiten und Regulierungen. Das Prinzip der Nicht-Diskriminierung erleichtert ebenfalls den Marktzugang für gegenseitige Investitionen. Die ausverhandelten Investitionsschutzbestimmungen gehörten bereits 2014 zu den international modernsten.

Ein weiterer Vorteil: Kanada hat für bestimmte europäische und auch österreichische geografische Herkunftsbezeichnungen die rechtlichen Schutzbestimmungen verstärkt. CETA ist ein gut gemachtes und faires Handelsabkommen, von dem alle Seiten profitieren. Aufbauend auf dieser engeren Beziehung hat sich die im Juni 2021 unterzeichnete strategische Partnerschaft zwischen der EU und Kanada im Bereich Rohstoffe im aktuellen geopolitischen Kontext als besonders wichtig erwiesen.

Ansprechpartnerin: Sebastian Köberl


Innovation / Digitalisierung


Mehr Innovationen sind entscheidender Wettbewerbsvorteil

Ein Stift schreibt "be creative" auf ein Blatt Papier
© pixabay Ramdlon

Das neueste European Innovation Scoreboard zeigt, dass die Innovationsleistung der EU seit 2015 um etwa 10% gestiegen ist. Im Vergleich zum EU-Durchschnitt haben globale Wettbewerber wie Australien, Kanada, die Republik Korea und die Vereinigten Staaten weiterhin einen Vorteil. Die Lücke schließt sich jedoch zunehmend. Österreich zählt zur Gruppe der starken Innovatoren, die über dem EU-Durchschnitt liegen. Eine starke Innovationsleistung ist auch entscheidend für Europas Autonomie und Wettbewerbsfähigkeit.

 Das Innovationsgefälle der EU bleibt laut Scoreboard bestehen. Die Leistungsgruppen sind in der Regel geografisch konzentriert: Die Innovationsführer und die stärksten Innovatoren sind in Nord- und Westeuropa, die meisten der moderaten und aufstrebenden Innovatoren in Süd- und Osteuropa. Im Vergleich zur letztjährigen Ausgabe haben drei Länder die Leistungsgruppen geändert. Die Niederlande sind zu einem Innovationsführer geworden, Zypern zu einem starken und Estland zu einem moderaten Innovator abgestiegen.

Im Rahmen der im Juli 2022 angenommenen Neuen Europäischen Innovationsagenda will sich die EU-Kommission darauf konzentrieren, die Innovationskluft in der EU zu überbrücken und Europa als führenden Akteur in der globalen Innovationslandschaft zu positionieren. 

Ansprechpartnerin: Katja Schaqer


Nachhaltigkeit


5,2 Milliarden Euro Beihilfen können in Wasserstoff-Projekte fließen

Eine abstrakte Darstellung eines Wasserstoff-Netzwerks
© pixabay akitada31

Die EU-Kommission hat ein zweites wichtiges Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse („IPCEI“) genehmigt: Es wird Forschung und Innovation, die erste industrielle Nutzung und den Bau der Infrastruktur in der Wasserstoff-Wertschöpfungskette unterstützen. Das Projekt „IPCEI Hy2Use“ wurde von dreizehn Mitgliedstaaten – darunter Österreich - vorbereitet und notifiziert. 29 Unternehmen mit Aktivitäten in einem oder mehreren Mitgliedstaaten, einschließlich kleiner und mittlerer Unternehmen („KMU“) und Start-ups, werden an 35 Projekten mitwirken.

„IPCEI Hy2Use“ wird einen großen Teil der Wasserstoff-Wertschöpfungskette abdecken. Unterstützt wird unter anderem der Bau von großen Elektrolyseuren und Transportinfrastruktur für die Erzeugung, Speicherung und den Transport von erneuerbarem und CO2-armem Wasserstoff. Die Entwicklung innovativer und nachhaltigerer Technologien für die Integration von Wasserstoff in die industriellen Prozesse verschiedener Sektoren wird gefördert. Das IPCEI dürfte die Versorgung mit erneuerbarem und CO2-armem Wasserstoff verbessern und damit die Abhängigkeit von Erdgas verringern. Wasserstoff ist für die Wirtschaft ein zentraler Energieträger in der Energiewende.

Ansprechpartnerin: Stefanie Weissensteiner


Kurz & bündig


Handelsschutzmaßnahmen der EU erhalten über 460.000 europäische Arbeitsplätze

Die Europäische Kommission hat ihren Jahresbericht über die Handelsschutzmaßnahmen der EU im Jahr 2021 veröffentlicht. Laut Bericht wurden 462.000 Arbeitsplätze in wichtigen EU-Fertigungssektoren wie Aluminium, Stahl, Keramik und umweltfreundliche Technologien im Jahr 2021 direkt durch die Handelsmaßnahmen der EU geschützt. Dies zeigt, dass EU-Maßnahmen gegen unlautere internationale Handelspraktiken wirksam sind. Faire Wettbewerbsbedingungen sind für die heimische und europäische Wirtschaft wichtige Voraussetzungen im Rennen um internationale Marktanteile.


Europa feiert 35 Jahre Austauschprogramm Erasmus+

Seit 1987 hat Erasmus internationale Aufenthalte von 13 Millionen Menschen gefördert. Österreich nimmt seit 1992 am Erasmus+-Programm teil. Bisher hat 350.000 Personen aus Österreich das Fernweh gepackt, um in einem anderen Land ein Praktikum zu absolvieren, zu studieren, zu lehren, zu arbeiten oder ein Projekt zu initiieren. Neben Studierenden nehmen auch heimische Lehrlinge an Erasmus+ teil. Heimische Betriebe können damit von Mitarbeitern mit internationaler Erfahrung und Auslandskontakten profitieren. Für den Zeitraum 2021-2027 verfügt Erasmus+ über ein geschätztes Budget von 26,2 Milliarden Euro, das sich im Vergleich zum Vorgängerprogramm (2014-2020) nahezu verdoppelt hat. Es wird zudem um rund 2,2 Milliarden Euro aus dem EU-Instrument für externe Zusammenarbeit ergänzt.


Jobs+Jobs+Jobs


EUSPA sucht Financial Officer, GNSS Service Engineers und GNSS System Deployment and Operations Manager 

Die Agentur der Europäischen Union für das Weltraumprogramm (EUSPA) mit Sitz in Prag sucht:

  • Financial Officer (m/w)
    Temporary Agent, Grade: AD 5, Reference: EUSPA/2022/AD/030, Deadline for applications: 11/10/22
  • GNSS Service Engineers (m/w)
    Temporary Agent, Grade: AD 7, Reference: EUSPA/2022/AD/31, Deadline for applications: 11/10/22
  • GNSS System Deployment and Operations Manager (m/w)
    Temporary Agent, Grade: AD 7, Reference: EUSPA/2022/AD/32, Deadline for applications: 11/10/22
  • Facility Specialist (m/w)
    Temporary Agent, Grade: AST 4, Reference: EUSPA/2022/AST/006, Deadline for applications: 18/10/22
  • Security Engineer (m/w)
    Temporary Agent, Grade: AD 6, Reference: EUSPA/2022/AD/034, Deadline for applications: 18/10/22
  • System Engineer (m/w)
    Temporary Agent, Grade: AD 6, Reference: EUSPA/2022/AD/034, Deadline for applications: 18/10/22 

Weitere Informationen zu den Stellenausschreibungen sind online abrufbar. 


ECHA sucht Regulatory Assistant and Financial Assistant 

Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) mit Sitz in Helsinki sucht:

  • Regulatory and Financial Assistant (m/w)
    Temporary Agent, Grade: FG III, Reference: ECHA/CA/III/2022/002 Deadline for applications: 11/10/2022.

Weitere Informationen sind online abrufbar. 


EU-Agenda


Sitzung der Europäischen Kommission

28. September

  • Anpassung der Haftungsvorschriften
    • Haftungsrichtlinie für künstliche Intelligenz
    • Überarbeitung der Produkthaftungsrichtlinie
  • Umsetzung der „sozialen Säule“
    • Empfehlung zum Mindesteinkommen
    • Schutz der Arbeitnehmer vor den Gefahren der Asbestexposition am Arbeitsplatz

Ausgewählte Ausschüsse des Europäischen Parlaments 

26. September – Entwicklungsausschuss

  • Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2023 – alle Einzelpläne 

26. September – Ausschuss für Tourismus und Verkehr

  • Der neue europäische Rahmen für urbane Mobilität 

26. September – Ausschuss für Wirtschaft und Währung

  • Währungspolitischer Dialog mit Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank
  • Strukturierter Dialog zu Besteuerung mit Paolo Gentiloni, für Wirtschaft zuständiges Mitglied der Kommission 

26. September – Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie

  • zur Änderung der Richtlinie (EU) 2018/2001 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Energien, der Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und der Richtlinie 2012/27/EU über Energieeffizienz 

26. September – Unterausschuss für Sicherheit und Verteidigung

  • Meinungsaustausch mit Jan JIREŠ, stellvertretender Verteidigungsminister für Verteidigungspolitik und -planung der Tschechischen Republik, über die tschechischen Prioritäten im Bereich der EU-Sicherheit und Verteidigung
  • Öffentliche Anhörung zum Krieg Russlands gegen die Ukraine - Antworten der EU und der Mitgliedstaaten
  • Umsetzung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik - Jahresbericht 2022

Ausgewählte Tagungen des Rates

26. September

29. September

30. September


Ausgewählte Fälle des Europäischen Gerichtshofes 

Donnerstag, 29. September 2022 

Schlussanträge des Generalanwalts am Gerichtshof in der Rechtssache C-555/21 UniCredit Bank Austria

Vorzeitige Darlehensrückzahlung

Der österreichische Konsumentenschutzverein beanstandet vor den österreichischen Gerichten eine von der UniCredit Bank Austria in hypothekarisch sichergestellten Darlehensverträgen verwendete Klausel, wonach, wenn der Kunde von seinem Recht auf vorzeitige Darlehensrückzahlung Gebrauch macht, sich zwar die zu zahlenden Zinsen und die laufzeitabhängigen Kosten verringern, die laufzeitunabhängigen Bearbeitungsspesen aber nicht – auch nicht anteilig – rückerstattet werden.

Der OGH hat den EuGH hierzu um Auslegung der Richtlinie 2014/17 über Wohnimmobilienkreditverträge ersucht.

Er möchte wissen, ob die in Österreich für bis Ende 2020 geschlossene Kreditverträge geltende (Alt-)Regelung, wonach sich die vom Kunden zu zahlenden Zinsen und die von der Laufzeit abhängigen Kosten verhältnismäßig verringern, während es für laufzeitunabhängige Kosten an einer entsprechenden Regelung fehlte, mit der Richtlinie vereinbar ist.

Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona legt am 29.9. seine Schlussanträge vor. 

Weitere Informationen


Ausgewählte laufende Konsultationen 

 Statistiken

Binnenmarkt

Wettbewerb

Steuern

Öffentliches Gesundheitswesen

Verkehr

Umwelt



REDAKTION: 
Franziska Annerl, Franziska.Annerl@eu.austria.be, EU Representation der WKÖ

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