WKÖ EU-Wirtschaftspanorama 26/2022
Ausgabe 22.7.2022

Inhaltsübersicht
Im Brennpunkt
Unternehmertum & Industriepolitik
Binnenmarkt
Innovation / Digitalisierung
Kurz & bündig
Jobs+Jobs+Jobs
EU-Agenda
Im Brennpunkt
WKÖ-Leitung zu EU-Gas-Notfallplan: Die Vorschläge der Europäischen Kommission müssen rasch umgesetzt werden

Der „Save gas for a safe winter“-Plan der EU-Kommission soll Europa für einen Gaslieferstopp Russlands wappnen. Ziel Brüssels ist, den Gasverbrauch in Europa bis zum nächsten Frühjahr um 15 Prozent zu senken. Die Maßnahmen sollen eine Reduktion von 25 bis 60 Milliarden m³ Gas ermöglichen. „Erfreulicherweise schlägt die EU-Kommission realistische Lösungsmöglichkeiten vor. Die Bundesregierung muss die Vorgaben und Empfehlungen rasch umsetzen, damit wir auch für den schlimmsten Fall vorbereitet sind. Um die vorgeschlagenen Gasreduktionsvorgaben zu erreichen, muss ein Fuel Switch in möglichst vielen Bereichen schnell ermöglicht werden“, fordert Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).
Ein wesentlicher Baustein des Notfallplans ist die Unterstützung des Wechsels zu anderen Energieträgern (Fuel Switch). Die EU-Kommission erkennt aber auch an, dass dies teilweise Überschreitungen der bestehenden Emissionsgrenzwerte bedeuten könnte. Zur Bewältigung der aktuellen Krise schlägt sie daher zeitweise Anpassungen der Grenzwerte vor. Der EU-Plan umfasst auch Kriterien, um im Fall eines Engpasses den Bedarf zu reihen. „Wichtig ist nun, dass die Bundesregierung ihren Notfallplan entsprechend konkretisiert und adaptiert. Gleichzeitig müssen wir aber auch die Frage diskutieren, ob wirklich nur Haushalte geschützte Kunden mit gesicherter Gasversorgung sein sollten. Was nützt es, wenn ich meine Wohnung heizen kann, aber viele andere lebensnotwendige Güter ohne Produktion nicht verfügbar sind“, so die WKÖ-Leitung.
Ein zentrales Thema ist daher, die Versorgung Österreichs und unserer Betriebe mit Energie und Rohstoffen zu sichern. Rund 80 Prozent des österreichischen Gasverbrauchs stammen aus Russland. Damit ist die Abhängigkeit Österreichs größer als im EU-Schnitt (44 Prozent). Österreich ist somit von Beschränkungen der Erdgaslieferungen massiv betroffen. Produktionsanlagen müssten möglicherweise heruntergefahren werden. Erdgas wird vor allem am Anfang der Lieferketten eingesetzt. Gäbe es hier einen Ausfall, käme es zu Dominoeffekten in vielen anderen Wirtschaftsbereichen. Um unsere Energieversorgung nachhaltig zu sichern, spielen auch Energiepartnerschaften mit verschiedenen Ländern eine große Rolle. Diese müssen rasch geschlossen werden.
Ansprechpartnerin: Franziska Annerl
Unternehmertum & Industriepolitik
Kommission verlängert Krisenrahmen für staatliche Beihilfen
© European Commission
Der vorübergehende Krisenrahmen wurde am 23. März 2022 verabschiedet, um die wirtschaftlichen Auswirkungen im Zusammenhang mit dem Russland-Ukraine-Krieg abzufedern. Er berücksichtigt das EU-Ziel, von fossilen Brennstoffen unabhängig zu werden. Die nun beschlossene Änderung sieht unter anderem zusätzliche Arten von Hilfsmaßnahmen im Einklang mit dem REPowerEU-Plan vor:
- Maßnahmen zur Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien: Die Mitgliedstaaten können Programme für Investitionen in erneuerbare Energien mit vereinfachten Ausschreibungsverfahren einrichten;
- Maßnahmen zur Erleichterung der Dekarbonisierung industrieller Prozesse: Um die Diversifizierung der Energieversorgung weiter zu beschleunigen, können die Mitgliedstaaten Investitionen zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen unterstützen. Diese Änderung ermöglicht den Mitgliedstaaten, entweder neue ausschreibungsbasierte Systeme einzurichten oder Projekte ohne Ausschreibungen direkt zu unterstützen. Für kleine und mittlere Unternehmen sowie für besonders energieeffiziente Lösungen wären Aufstockungsprämien vorgesehen.
Es ist sicherzustellen, dass die Projekte innerhalb eines bestimmten Zeitplans umgesetzt werden. Diese Beihilfen können bis 30. Juni 2023 gewährt werden. Darüber hinaus präzisiert die Kommission mit der aktuellen Änderung die Bedingungen für staatliche Beihilfen, um den jüngsten Anstieg der Gas- und Stromkosten für Unternehmen zu decken. Unter anderem legt der geänderte Krisenrahmen fest, dass die Beihilfe nur bis zu 70 Prozent des Gas- und Stromverbrauchs des Begünstigten im Vorjahresvergleich decken darf.
Ansprechpartnerin: Verena Martelanz
Binnenmarkt
EU startet Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien

Die Regierungskonferenzen eröffnen die nächste Phase sowohl für Albanien als auch für Nordmazedonien. Nun startet der Screening-Prozess, bei dem die EU-Reife bewertet wird. Damit wird in den kommenden Monaten die Grundlage für die Eröffnung der Verhandlungskapitel geschaffen. Die Wirtschaftskammer Österreich begrüßt die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien, da beide Länder die von der EU-Kommission festgelegten Voraussetzungen erfüllen. Die Förderung der Entwicklung Südosteuropas zu einem Raum der Stabilität, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ist für ganz Europa wesentlich.
Kommissionspräsidentin von der Leyen betonte, Nordmazedonien und Albanien hätten hart für diesen Schritt gearbeitet. Als Beispiele nannte sie Fortschritte bei der Rechtsstaatlichkeit, im Kampf gegen Korruption und Wirtschaftsreformen. Das rund 2,1 Millionen Einwohner:innen zählende Nordmazedonien ist bereits seit 2005 Kandidat für einen EU-Beitritt, Albanien mit seinen rund 2,8 Millionen Bürger:innen seit 2014.
Österreich ist wirtschaftlich eng mit allen Ländern des Westbalkans verbunden und zählt zu den größten Investoren: in Nordmazedonien (und Bosnien-Herzegowina) belegt Österreich sogar Platz 1. Die Aussichten auf einen EU-Beitritt sind treibende Kraft für wirtschaftliche Reformen und die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit. Als wichtiger Investor ist für die österreichische Wirtschaft der rechtsstaatliche Schutz dort tätiger Unternehmen von großer Bedeutung.
Ansprechpartnerin: Paul Ploberger
Innovation / Digitalisierung
Neue Partnerschaft soll Kompetenzen im digitalen Ökosystem fördern

Die Partnerschaft ist Teil des EU-Pakts für Kompetenzen (Pact for Skills; Leitinitiative der Europäischen Skills Agenda). Dieser Pakt trägt zu einem der drei im europäischen Aktionsplan zur Säule sozialer Rechte festgelegten sozialen Ziele der EU bei: Bis 2030 sollen jedes Jahr mindestens 60 Prozent aller Erwachsenen an Weiterbildung teilnehmen.
Ansprechpartnerin: Katja Schager
Kurz & bündig
Rat hat segnet Digital Markets Act (DMA; Gesetz über digitale Märkte) final ab
Der DMA befasst sich mit der Rolle von sogenannten Big-Tech-Firmen. Die Regelung soll mehr Fairness vor allem für kleinere Unternehmen auf dem digitalen Markt sicherstellen. Digitale Dienste sind der Angelpunkt der Online-Wirtschaft. Ziel des DMA und des Digital Services Act (DSA; Gesetz über digitale Dienste) ist, dass Nutzer und Unternehmen weiterhin von digitalen Entwicklungen profitieren und einen sicheren digitalen Raum vorfinden. Ein fairer Wettbewerb zur Förderung von Innovation und Wachstum soll gewährleistet sein. Nach der Unterzeichnung durch die Präsidentin des Europäischen Parlaments und den Präsidenten des Rates wird die Verordnung im Amtsblatt der EU veröffentlicht und tritt sechs Monate später in Kraft.
Jobs+Jobs+Jobs
FRONTEX sucht ICT Administrators
Die Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (FRONTEX) mit Sitz in Warschau sucht:
- ICT Administrators (m/w)
Temporary Agent, Grade: AD 6, Reference: RCT-2021-00147, Deadline for applications: 29/07/2022
Weitere Informationen sind online abrufbar.
FRONTEX sucht ICT Administrators
Die Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (FRONTEX) mit Sitz in Warschau sucht:
- ICT Administrators (m/w)
Temporary Agent, Grade: AD 7, Reference: RCT-2021-00148, Deadline for applications: 29/07/2022
Weitere Informationen sind online abrufbar.
EU-Agenda
Ausgewählte Tagungen des Rates
26. Juli
- Außerordentliche Tagung des Rates „Verkehr, Telekommunikation und Energie“ (Energie)
- Energieversorgungssicherheit in der EU und weitere Maßnahmen vor dem nächsten Winter
Ausgewählte Fälle des Europäischen Gerichtshofes
Montag, 1. August 2022
Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C‑411/20 Familienkasse Niedersachsen-Bremen
Kindergeld in Deutschland während der ersten drei Monate nach Zuzug
Die Familienkasse Niedersachsen-Bremen der BA für Arbeit verwehrte einer bulgarischen Familie für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts nach ihrem (erneuten) Zuzug aus Bulgarien Kindergeld mit der Begründung, dass die Eltern in dieser Zeit keine inländischen Einkünfte erzielt hätten. Nach einer Gesetzesänderung vom Juli 2019 hat ein Angehöriger eines anderen Mitgliedstaats in den ersten drei Monaten ab Begründung eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts im Inland nämlich keinen Anspruch auf Kindergeld, es sei denn, er weist nach, dass er im Inland erwerbstätig ist. Demgegenüber ist der Anspruch auf Kindergeld deutscher Staatsbürger, die nach einem Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt begründen, nicht davon abhängig, dass sie erwerbstätig sind.
Das von der Mutter angerufene Finanzgericht Bremen möchte vom Gerichtshof wissen, ob diese Ungleichbehandlung mit dem Unionsrecht vereinbar ist.
Generalanwalt Szpunar hat das in seinen Schlussanträgen verneint.
Ausgewählte laufende Konsultationen
Binnenmarkt
- Geistiges Eigentum – überarbeiteter Rahmen für Zwangslizenzierung von Patenten
07.07.2022 - 29.09.2022
Wettbewerb
- Rechtssache zu staatlichen Beihilfen des Ausschusses zur Überwachung der Einhaltung des Übereinkommens von Aarhus: Auswirkungen/Optionen
13.07.2022 - 05.10.2022 - EU-Verfahrensvorschriften im Kartellbereich – Bewertung
30.06.2022 - 06.10.2022
Steuern
- Bekämpfung der Rolle von Mittelsmännern bei der Erleichterung von Steuerhinterziehung und aggressiver Steuerplanung in der Europäischen Union
06.07.2022 - 12.10.2022
Öffentliches Gesundheitswesen
- Neue EU-Strategie für globale Gesundheit
24.06.2022 - 19.09.2022
Maritime Angelegenheiten und Fischerei
- Aktualisierung der EU-Strategie für maritime Sicherheit und des zugehörigen Aktionsplans
16.06.2022 - 08.09.2022
Klimaschutz/Energie/Umwelt
- Nährstoffe – Aktionsplan für ein besseres Management
23.05.2022 - 26.08.2022
Verkehr
- Fahrzeugsicherheit – Überarbeitung des EU-Pakets zur technischen Überwachung
06.07.2022 - 28.09.2022 - Eisenbahnagentur der EU – Bewertung der Arbeit der Agentur durch die Europäische Kommission
10.06.2022 - 02.09.2022 - Triebfahrzeugführer – verbessertes EU-Zertifizierungssystem
01.06.2022 - 01.09.2022
Lebensmittelsicherheit
- Verringerung der Lebensmittelverschwendung – Zielvorgaben
24.05.2022 - 16.08.2022
REDAKTION:
Franziska Annerl, Franziska.Annerl@eu.austria.be, EU Representation der WKÖ
Wenn Sie das EU-Wirtschaftspanorama regelmäßig zugeschickt bekommen wollen oder sich vom Verteiler streichen lassen möchten, mailen Sie an: eu@eu.austria.be
MEDIENINHABER:
Wirtschaftskammer Österreich, Wiedner Hauptstraße 63, 1040 Wien
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