Sujet EU Panorama
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WKÖ EU-Wirtschaftspanorama 26/2020

Ausgabe 24. Juli 2020

Lesedauer: 9 Minuten

Aktualisiert am 22.09.2023

Inhaltsübersicht




Im Brennpunkt


Corona-Wiederaufbaupaket muss rasch fertiggeschnürt werden

European Union, 2020
© European Union, 2020

Nach vier Tagen (und vier Nächten) war es tatsächlich geschafft: Die EU-Staats- und Regierungschef haben noch vor der Sommerpause das Corona-Wiederaufbaupaket festgezurrt. Mehrfach war der Gipfel fast abgebrochen worden, der eine oder andere Staatschef hatte schon sein Flugzeug bereit – aber schließlich konnte Ratspräsident Michel doch einen Deal verkünden. „Nach harten Verhandlungen haben die EU-Regierungen gezeigt: Wenn es darauf ankommt, ziehen wir an einem Strang, dann sind wir in Europa solidarisch. Dieses wichtige Signal der europäischen Einigkeit im Kampf gegen die Corona-Krise ist gut für die Wirtschaft“, erklärte WKÖ-Präsident Harald Mahrer. Dem Optimismus wurde jedoch am Donnerstag vom EU-Parlament ein kräftiger Dämpfer erteilt: Das Parlament fordert in einer Entschließung Nachbesserungen am Ratskompromiss. Sonst gibt es kein Ja der Abgeordneten. 

Die Staats- und Regierungschefs einigten sich auf einen EU-Haushalt von insgesamt 1,82 Billionen Euro für die nächsten sieben Jahre. Davon entfallen 1.074 Milliarden Euro auf den mehrjährigen Finanzrahmen 2021 bis 2027 und 750 Milliarden Euro auf das Corona-Wiederaufbaupaket „Next Generation EU“. Dieser Aufbaufonds setzt sich laut Schlussfolgerungen aus 390 Milliarden Euro an Zuschüssen und 360 Milliarden Euro an rückzahlbaren Darlehen zusammen, wofür erstmals umfassend gemeinsame Schulden an den Kapitalmärkten aufgenommen werden. Diese Mittel werden zu 70 Prozent bereits in den Jahren 2021/2022 und 30 Prozent im Jahre 2023 ausbezahlt und bis zum Jahre 2058 getilgt. Zur Sicherung der rechtmäßigen Verwendung wird ein neuer Rechtsstaatlichkeits-Mechanismus eingeführt. Das EU-Parlament bedauert in seiner Entschließung die massiven Kürzungen bei den Zuschusskomponenten. Was den langfristigen EU-Haushalt betrifft, so kritisieren die Abgeordneten die Kürzungen bei zukunftsorientierten Programmen.  

Erfreulich ist, dass ausreichend Geld für das Digital Europe Programm und damit für den digitalen Übergang vorgesehen ist. Damit die EU-Mittel für Wiederaufbau und Zukunftsinvestitionen rasch verfügbar sind, ist ein zügiger Abschluss nötig. Nur dann ist garantiert, dass die einzelnen Programme mit 1. Jänner 2021 starten können und die Finanzierung von Zukunftsbereichen wie Innovation, Forschung, Digitalisierung, Bildung, KI und Cybersecurity gesichert ist. „Es geht jetzt um den Blick aufs große Ganze: Unser gemeinsames Ziel muss sein, Europa im globalen Wettbewerb rasch wieder nach vorne zu bringen“, betonte WKÖ-Präsident Mahrer. „Das ist gerade auch für Österreich wichtig, denn die EU ist für uns Heimat und Heim-Markt.“ 

Ansprechpartnerin: Franziska Annerl


Unternehmertum & Industriepolitik


EU-weite Mindestanforderungen für Crowdfunding-Plattformen

Neue EU-Vorschriften sollen Hindernisse für den grenzüberschreitenden Betrieb von Crowdfunding-Plattformen beseitigen: Die Mindestanforderungen für diese Plattformen sollen EU-weit harmonisiert werden. Die WKÖ hat für einen pragmatischen Ansatz plädiert: Nationale Regulierungen für Crowdfunding sollen unberührt bleiben. Crowdfunding-Dienstleister sollen aber den europäischen Rechtsrahmen anwenden können, wenn sie einen „europäischen Pass“ benötigen. 

Die neuen Regeln, die der Rat am 20.07. angenommen hat, sollen Crowdfunding-Projekte von bis zu fünf Millionen Euro über einen Zeitraum von zwölf Monaten umfassen. Ziel ist ein hohes Maß an Anlegerschutz bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Kosten für die Anbieter. Auch werden gemeinsame Aufsichts-, Informations- und Transparenzanforderungen festgelegt. Spendenbasiertes Crowdfunding ist nicht umfasst, da es nicht als Finanzdienstleistung angesehen wird. 

Die Verordnung muss nun noch vom EU-Parlament abgesegnet werden, bevor sie nach ihrer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft treten kann. 

Ansprechpartnerin: Sophie Windisch


Innovation/Digitalisierung


Künstliche Intelligenz – Der Game Changer

AI
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Anwendungen der Künstlichen Intelligenz (KI) können ein breites Spektrum positiver Auswirkungen haben, für einzelne Unternehmen sowie auf gesellschaftlicher und makroökonomischer Ebene: Eine aktuelle Studie untersucht die Fortschritte bei der KI in der EU im Vergleich zu wichtigen Wettbewerbern. 


KI-Anwendungen können den Unternehmen laut der vom EU-Parlament in Auftrag gegebenen Studie Oportunities of Artifical Intelligence u.a. mehr Effizienz bei Abläufen und bei der Produktentwicklung bringen. In der europäischen Industrie werde eine breite Palette von KI-Anwendungen genutzt. Allerdings seien einige Sektoren (z.B. Automobil, Telekommunikation) hier weiter fortgeschritten als andere (z.B. Chemikalien). Größere Unternehmen seien generell besser aufgestellt, die Potenziale der KI zu nutzen, als kleinere Unternehmen.

Viele Betriebe haben in der Coronakrise einen Digitalisierungsschub erlebt. Für diese Unternehmen ist es wichtig, die getroffenen Maßnahmen zu verstärken und daraus mittel- und langfristig neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. In einer österreichweiten Webinar-Reihe der WKÖ – jeden dritten Mittwoch im Monat, 14:00 Uhr – berichten KI-Technologieanbieter gemeinsam mit Unternehmerinnen und Unternehmern über ihre „tops oder flops“ mit KI-Projekten. 

Ansprechpartnerin: Katja Schager


64 innovative, grüne Start-ups und KMU – darunter zwei aus Österreich – erhalten Geld vom Europäischen Innovationsrat

European Union, 2020
© European Union, 2020

Der Europäische Innovationsrat fördert weitere 64 innovative Start-ups und Klein- und Mittelunternehmen (KMU) mit über 307 Millionen Euro. Das österreichische Unternehmen Aviloo, das Testsysteme für Batterien in Elektrofahrzeugen herstellt, und das österreichische Insektenzuchtkonzept Livin Farms zählen zu den ausgewählten Projekten. 


Die ausgewählten Vorschläge tragen zu den Zielen des europäischen Grünen Deals und des Corona-Wiederaufbauplans bei. Sie umfassen Lösungen für die Automobilindustrie, die Luft- und Raumfahrt und den maritimen Sektor sowie Technologien für das Internet der Dinge. Die Gelder werden im Rahmen des Pilotprojekts Accelerator des Europäischen Innovationsrats vergeben, und kommen aus dem Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont 2020. In einer ersten Runde wurden bereits im Kampf gegen das Coronavirus aktive Unternehmen gefördert, darunter Contextflow aus Österreich.

Darüber hinaus erhielten 562 Start-ups und KMU ein „Green Deal“-Exzellenzsiegel. Sie wurden als förderungswürdig eingestuft, erhalten aber aufgrund von Budgetbeschränkungen keine Finanzierung. Das Siegel soll ihnen den Zugang zu Finanzmitteln aus anderen Quellen erleichtern. 

Ansprechpartnerin: Barbara Lehmann


Nachhaltigkeit


Kommission konsultiert zu Energie-Steuern

Die Europäische Kommission hat Konsultationen zu zwei Initiativen zur Besteuerung im Energiebereich gestartet. Zum einen plant die Kommission, die Energiebesteuerungsrichtlinie zu überarbeiten. Zum anderen soll im Rahmen eines CO2-Grenzausgleichssystems bei Einfuhren bestimmter Waren aus Drittländern ein CO2-Preis festgesetzt und so die Verlagerung von Emissionen ins Ausland verhindert werden.

Die Konsultation zum CO2-Grenzausgleich läuft bis 28. Oktober. Sie soll der Gefahr der Verlagerung von CO2-Emissionen (Carbon Leakage) entgegenwirken. Dabei verlegen Unternehmen ihre Produktion in Länder, die weniger strenge Emissionsvorschriften haben. Für die WKÖ entscheidend ist die Absicherung für die energieintensive Industrie im Europäischen Green Deal: Ohne Verbesserung der Carbon Leakage-Regeln wird der Abwanderungsdruck sehr hoch.

Die Konsultation der Energiebesteuerungsrichtlinie ist bis 14. Oktober offen. Die Kommission möchte die Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom an die Energie- und Klimapolitik der EU angleichen.

Ansprechpartnerin: Barbara Lehmann


Kurz & bündig


EU-Kommission empfiehlt Österreich Vorziehen von Investitionen

Die diesjährigen länderspezifischen Empfehlungen der EU-Kommission für die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Mitgliedstaaten berücksichtigen die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie. Sie wurden am 20.07. vom Rat angenommen. Die Prioritäten sind: Investitionen in Gesundheitsversorgung, Beschäftigung, Forschung & Entwicklung, Stabilität des Finanzsektors und funktionierender Binnenmarkt. Österreich wird u.a. empfohlen, zur wirtschaftlichen Erholung öffentliche Investitionen vorzuziehen und private Investitionen zu fördern. Um die Unternehmen beim Comeback aus der Coronakrise zu unterstützen, solle Österreich Liquiditäts- und Unterstützungsmaßnahmen, insbesondere für KMU, rasch umsetzen sowie Bürokratie abbauen.


Einfuhr von Medizinprodukten und persönlichen Schutzausrüstungen bis 31.10. von Zöllen und Mehrwertsteuer befreit

European Union, 2020
© European Union, 2020

Die Europäische Kommission hat die vorübergehende Befreiung von Zöllen und Mehrwertsteuer auf die Einfuhr von medizinischen Geräten und Schutzausrüstung aus Drittländern in die EU und in das Vereinigte Königreich verlängert, um den Kampf gegen das Coronavirus zu unterstützen. Diese Maßnahme umfasst Masken und Schutzausrüstungen sowie Testkits, Beatmungsgeräte und andere medizinische Geräte. Sie wird die anfängliche Frist von sechs Monaten um weitere drei Monate verlängern: Die Befreiung gilt ohne Unterbrechung bis 31. Oktober 2020.


Leitlinien für Regionalbeihilfen werden modernisiert

Die EU-Kommission hat eine öffentliche Konsultation zum Entwurf der überarbeiteten EU-Leitlinien für Regionalbeihilfen gestartet. Bis 30. September 2020 können Beiträge übermittelt werden. Die Überarbeitung erfolgt im Rahmen einer „Eignungsprüfung“, mit der die Kommission feststellen will, ob die 2012 angenommen Rechtsvorschriften zur Modernisierung des EU-Beihilferechts noch zweckmäßig sind. Die Leitlinien, die eigentlich Ende dieses Jahres auslaufen sollten, wurden bis Ende 2021 verlängert. Die Annahme der neuen Leitlinien ist für Anfang 2021 vorgesehen, um den Mitgliedstaaten genügend Zeit für die Vorbereitung und Anmeldung ihrer Fördergebietskarten zu geben, die ab 2022 gelten werden.


Jobs+Jobs+Jobs


Sparkassenverband Österreich sucht einen Praktikanten/eine Praktikantin 

Die Abteilung European Affairs des Sparkassenverbandes Österreich sucht zur Verstärkung ihres Teams in Brüssel:

Praktikant – European Affairs (m/w)

  • von September bis Dezember 2020, mit aufrechtem oder abgeschlossenem Hochschulstudium, EU-Affinität und politischem Interesse
  • Bewerbungen sind bis zum 02.08. per Email an Frau Mag. Amrit Rescheneder möglich, weitere Informationen sind online abrufbar. 

Die Europäische Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (LISA) sucht: 

Information Technology Officer - Network Administrator, System Administrator (m/w)

  • Temporary Agent, Grade AD 5, Ref.-Nr.: eu-LISA/20/TA/AD5/8.1       
  • Bewerbungen sind bis zum 25.08. möglich, weitere Informationen sind online abrufbar. 

Legal Officer (m/w)

  • Temporary Agent, Grade AD 5, Ref.-Nr.: eu-LISA/20/TA/AD5/7.1
  • Bewerbungen sind bis zum 31.08. möglich, weitere Informationen sind online abrufbar.

EU-Agenda: Terminübersicht


Sitzung der Europäischen Kommission

Voraussichtliche Themen der Sitzung am 29.07.2020: 

  • stehen bei Redaktionsschluss noch nicht fest

Ausgewählte Fälle des Europäischen Gerichtshofes

  • Die Wochen vom 20. Juli bis 28. August 2020 sind sitzungsfreie Zeit. Es finden weder mündliche Verhandlungen statt noch werden Urteile verkündet oder Schlussanträge verlesen. 

Ausgewählte laufende Konsultationen

Bankwesen, Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion 

Beschäftigung und Soziales 

Binnenmarkt 

Digitale Wirtschaft und Gesellschaft, Bildung und Ausbildung

Internationale Zusammenarbeit und Entwicklung

Inneres

Klimaschutz/Energie

Landwirtschaft und ländliche Entwicklung

Migration

Öffentliches Gesundheitswesen

Verkehr

Verbraucherschutz

Wettbewerb



REDAKTION: 
Franziska Annerl, Franziska.Annerl@eu.austria.be, EU Representation der WKÖ

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