Newsletter Abteilung Rechtspolitik | September 2018

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Aktualisiert am 11.03.2023

Inhaltsübersicht



Öffentliches Recht und Wettbewerb


Datenschutz-Deregulierungs-Gesetz 2018

Das Datenschutz-Deregulierungs-Gesetz 2018, eine  Novelle des Datenschutzgesetzes, wurde am 20. April 2018 vom Plenum des Nationalrats beschlossen und am 15. Mai 2018 im Bundesgesetzblatt I Nr. 24/2018 veröffentlicht.

Schon das (noch im Sommer 2017 beschlossene) Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018 hat Anpassungen des allgemeinen Datenschutzrechts an die Datenschutz-Grundverordnung vorgenommen und den Titel des DSG 2000 auf „Bundesgesetz zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz – DSG)“ geändert. Im Sinne einer Deregulierung im Datenschutzbereich wurden nun durch diese weitere Novelle des DSG (Datenschutz-Deregulierungs-Gesetz 2018) Redaktionsversehen korrigiert sowie Klarstellungen, weitere Anpassungen und Verbesserungen vorgenommen. 

Mangels Verfassungsmehrheit konnten die ursprünglich geplante Änderung des Grundrechts auf Datenschutz (§ 1 DSG) und eine Kompetenzbereinigung dahingehend, dass die allgemeinen Angelegenheiten des Datenschutzes gänzlich in Bundeskompetenz fallen und die Restzuständigkeit der Länder für manuelle Dateien in ihrem Bereich entfällt, nicht beschlossen werden.

Die Novelle des Datenschutzgesetzes beschränkt sich daher (in der Fassung eines Abänderungsantrages der Regierungsparteien) auf einfachgesetzliche Änderungen. Sie stellt klar, dass sich der Anwendungsbereich des Datenschutzgesetzes und der Datenschutz-Grundverordnung nur auf personenbezogene Daten natürlicher Personen bezieht.  

Die Novelle bringt zudem insbesondere folgende Verbesserungen für Unternehmen: 

  • das Recht auf Auskunft der betroffenen Person besteht dann grundsätzlich nicht, wenn durch die Erteilung dieser Auskunft ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis des Verantwortlichen bzw. Dritter gefährdet würde
  • beliehene Unternehmen sind in der Regel von der Pflicht zur Benennung eines Datenschutzbeauftragten nicht umfasst
  • konkretisiert werden die Regelungen für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch Medieninhaber, Herausgeber, Medienmitarbeiter und Arbeitnehmer eines Medienunternehmens oder Mediendienstes sowie für die Verarbeitung personenbezogener Daten zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken
  • die Verwarnung durch die Datenschutzbehörde wird ausdrücklich im Gesetzestext normiert („Beraten statt Strafen“)
  • die Bestimmung, wonach das Arbeitsverfassungsgesetz, soweit es die Verarbeitung personenbezogener Daten regelt, eine Vorschrift im Sinne des Art. 88 DSGVO ist, entfällt
  • zulässig wird ein Abgleich von Bilddaten mit ausdrücklicher Einwilligung der betroffenen Person
  • klargestellt wird, dass neben der juristischen Person selbst nicht gleichzeitig ihr Vertreter bzw. der verantwortliche Beauftragte für denselben Verstoß bestraft werden darf
  • klargestellt wird, dass bei strafbaren Tatbeständen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Datenschutzregimes verwirklicht wurden, die für den Täter günstigere Rechtslage anzuwenden ist 

Durch die Beschlussfassung im Nationalrat am 20. April 2018 wurde gewährleistet, dass diese Novelle des Datenschutzgesetzes gleichzeitig mit der Datenschutz-Grundverordnung am 25. Mai 2018 in Kraft treten konnte.

Alle WKO-Informationsblätter zum neuen Datenschutzrecht wurden aktualisiert und berücksichtigen auch diese Novelle. 


Update Reform des Verwaltungsstrafrechts

Am 9. Mai 2018 ist eine Novelle zum Verwaltungsstrafgesetz (VStG) in Begutachtung gegangen. Diese Novelle ist ausdrücklich zu begrüßen, da sie eine Reihe von langjährigen Forderungen der WKÖ enthält.

Stärkung der Unschuldsvermutung

Die im Verwaltungsstrafrecht grundsätzlich geltende Verschuldensvermutung soll dann nicht mehr gelten, wenn eine Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von über 50 000 Euro bedroht ist. Das heißt, dass in diesen Fällen die Behörde den Nachweis eines schuldhaften strafbaren Verhaltens zu erbringen hat. Die Forderung beruht auf der Argumentation, dass eine Beweislastregelung wie jene des § 5 Abs 1 VStG bei hohen Verwaltungsstrafen mit Art 6 Abs 2 EMRK sowie Art 48 GRC in einem Spannungsverhältnis steht.

Kontrollsystem

In den Erläuterungen zu § 5 VStG finden sich auch Anmerkungen zum Kontrollsystem: In Abkehr von der strengen Rechtsprechung des VwGH soll ein Verschulden nicht anzunehmen sein, wenn der Verantwortliche nachweist, dass er eine qualitätsgesicherte Organisation eingerichtet und geführt hat, die durch externe Prüfung oder durch interne Überwachung (zB durch Betrauung geeigneter Mitarbeiter mit Kontrollaufgaben, fortlaufende Schulungen, den Einsatz automatisierter Überwachungsinstrumente etc.) regelmäßig kontrolliert wird.  

Außerordentliche Strafmilderung 

Im Entwurf findet sich auch die von den Sozialpartnern (bereits im Sommer 2017) ausgearbeitete Ausweitung der außerordentlichen Strafmilderung. Demnach soll immer dann, wenn das Kumulationsprinzip zu einer unangemessen hohen Strafe führt, die Strafe bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (Tateinheit, Zuständigkeit derselben Behörde, Verhältnismäßigkeit) auf ein angemessenes Ausmaß - gegebenenfalls auch deutlich – gemildert werden können. Die Regelung ist nun zusätzlich zur Entschärfung des Kumulationsprinzips ab 2020 vorgesehen und kann in der Zwischenzeit als „Überbrückung“ dienen. 

Entschärfung des Kumulationsprinzips ab 2020 

Die Entschärfung des Kumulationsprinzips ist in zwei Fällen vorgesehen:  

1.  Es wird mehrmals gegen dieselbe Verwaltungsvorschrift verstoßen, es liegt eine „Tateinheit“ vor und es ist dieselbe Behörde zuständig. Unter diesen Voraussetzungen wird künftig nur mehr eine einzige Verwaltungsstrafe verhängt. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn in einem Betrieb an einem Tag mehrere Arbeitszeitüberschreitungen mehrerer Mitarbeiter passieren (mehrmaliger Verstoß gegen das AZG). 

2.  Es werden mehrere unterschiedliche Verwaltungsvorschriften verletzt (und es liegt eine Tateinheit vor), die vom selben Kompetenzträger erlassen wurden und es ist dieselbe Behörde zuständig. In diesem Fall ist ein einziges Verwaltungsstrafverfahren durchzuführen und für die Verletzung jeder Verwaltungsvorschrift wird je eine einzige Strafe verhängt. Die Strafen werden daher z.B. nicht mehr pro betroffenem Arbeitnehmer verhängt, sondern pro übertretener Verwaltungsvorschrift (z.B. Fall Andritz: eine einzige Strafe für Übertretungen des LSD-BG und eine einzige Strafe für Übertretungen des AuslBG). 

All jene Bestimmungen, die dem § 22 Abs 3 VStG entgegenstehen, sollen mit Ablauf des 31.12.2019 außer Kraft treten (§ 66b Abs 20 Z 4 VStG). Bestimmungen, die während der Legisvakanz kundgemacht werden, treten nicht außer Kraft. Auch nach Ablauf des 31.12. 2019 können somit in den Verwaltungsvorschriften Regelungen getroffen werden, die vom vorgeschlagenen § 22 Abs 3 VStG abweichen (§ 22 Abs 4 VStG). 

Beraten statt strafen 

In Anlehnung an die Formulierung in der GewO (Betriebsanlagenrecht § 371c GewO) soll die vorgeschlagene Regelung den Grundsatz „Beraten statt strafen“ in allgemeiner Form im VStG verwirklichen.

Zusätzlich wurde vom Nationalrat am 16. Mai 2018 ein Entschließungsantrag verabschiedet, der vorsieht, dass die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung dem Verfassungsdienst bis zum 31. Oktober 2018 eine Aufstellung all jener Materiengesetze zu übermitteln haben, die für eine Anwendung des Grundsatzes „Beraten statt strafen“ geeignet sind. Auf dieser Basis soll im Rahmen eines Sammelgesetzes des BMVRDJ eine koordinierte Verankerung von „Beraten statt strafen“ in den Materiengesetzen erfolgen.


Zivil-, Unternehmens- und Gesellschaftsrecht


Vorschlag für eine Richtlinie über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher

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Erwachsenenschutzgesetz

Das 2. Erwachsenenschutz-Gesetz tritt mit 1. Juli 2018 in Kraft. Wir haben bereits ausführlich über den Gesetzesentwurf in unserer Newsletter-Ausgabe Sommer 2016 berichtet. Aus Anlass des Inkrafttretens dürfen wir die wesentlichen Änderungen nochmals in Erinnerung rufen.

Das 2. Erwachsenenschutz-Gesetz tritt mit 1. Juli 2018 in Kraft. Wir haben bereits ausführlich über den Gesetzesentwurf in unserer Newsletter-Ausgabe Sommer 2016 berichtet. Aus Anlass des Inkrafttretens dürfen wir die wesentlichen Änderungen nochmals in Erinnerung rufen.

Wenn eine volljährige Person aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung in ihrer Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt ist und ihr ein Nachteil droht, weil sie manche ihrer Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann, kann sie für diese Angelegenheiten eine gesetzliche Vertretung wählen oder bekommen. 

Das Erwachsenenschutzrecht sieht vier Arten der Vertretung vor, nämlich  

  1. die Vorsorgevollmacht,
  2. die gewählte Erwachsenenvertretung durch eine vom Betroffenen ausgewählte Person,
  3. die gesetzliche Erwachsenenvertretung durch bestimmte nahe Angehörige und
  4. die gerichtliche Erwachsenenvertretung durch eine gerichtlich bestellte Person. 

Die Vorsorgevollmacht ist eine vorsorglich eingeräumte Vollmacht, die erst zu einem späteren Zeitpunkt (nach Eintritt des Vorsorgefalls, also wenn die betreffende Person nicht mehr entscheidungsfähig ist) wirksam werden soll. Es handelt sich um ein Vorsorgeinstrument. Jede Person, die über die ausreichende Geschäftsfähigkeit zur Erteilung einer Vollmacht verfügt, kann jederzeit eine solche Vollmacht vor einem Notar, Rechtsanwalt oder – in einfachen Fällen – vor einem Erwachsenenschutzverein schriftlich errichten. Darin wird festgelegt, wer für diese Person Vertretungshandlungen übernehmen darf und für welchen Wirkungsbereich dies gelten soll, wenn sie in diesen Angelegenheiten die notwendige Entscheidungsfähigkeit verliert. Vorsorgebevollmächtigter kann grundsätzlich jede erwachsene Person sein. Der Vorsorgebevollmächtigte unterliegt nur sehr eingeschränkt der Kontrolle des Gerichts. 

Die gewählte Erwachsenenvertretung soll eine Alternative zur Vorsorgevollmacht sein für alle Personen, die nicht rechtzeitig Vorsorge treffen. Es handelt sich um eine mit dem 2. Erwachsenenschutz-Gesetz neu eingeführte Vertretungsart. Jeder kann einmal in einer schwierigen Lebenssituation sein und aufgrund einer psychischen Krankheit oder vergleichbaren Beeinträchtigung der Entscheidungsfähigkeit nicht mehr alle Angelegenheiten für sich selbst besorgen können.

In einer solchen Lebensphase wird die volle Entscheidungsfähigkeit oft nicht mehr vorliegen, sodass auch keine Vorsorgevollmacht mehr errichtet werden kann. Dann kann aber immer noch eine gewählte Erwachsenenvertretung in Betracht kommen: Auch bei dieser sucht sich die betroffene Person selbst eine oder mehrere Person(en) aus, die sie bei diesen Angelegenheiten vertreten können. Als gewählter Erwachsenenvertreter kommt jede nahestehende Person in Betracht. Das kann jede Person sein, zu der ein Vertrauensverhältnis besteht, zum Beispiel Angehörige, Freunde, Nachbarn oder andere Bekannte. Die Vertretungsperson und die vertretene Person müssen eine schriftliche Vereinbarung schließen. Die schriftliche Vereinbarung muss vor einem Notar, einem Rechtsanwalt oder einem Erwachsenenschutzverein errichtet werden. 

Die gesetzliche Erwachsenenvertretung kommt in Betracht, wenn eine erwachsene Person ihre Angelegenheiten aufgrund ihrer psychischen Krankheit oder vergleichbaren Beeinträchtigung der Entscheidungsfähigkeit nicht mehr ohne Gefahr, sich selbst zu schaden, alleine besorgen kann. Diese Vertretungsart kommt immer erst dann zum Tragen, wenn die erwachsene Person nicht mehr selbst einen Vertreter wählen kann oder will. Gesetzliche Erwachsenenvertreter/innen können nächste Angehörige der betroffenen Person sein. Es besteht die Möglichkeit, der gesetzlichen Erwachsenenvertretung oder der Vertretung durch bestimmte nächste Angehörige vorab zu widersprechen. In diesen Fällen wird allerdings davon auszugehen sein, dass der nächste Schritt, die Errichtung einer Vorsorgevollmacht, nicht weit ist. 

Die gerichtliche Erwachsenenvertretung ist die letzte Stufe (auch vierte Säule genannt) der Vertretungsmöglichkeiten. Wie sich bereits aus der Bezeichnung ergibt, liegt die Entscheidung hier beim Gericht. Die Frage, ob und in welchem Umfang jemand einen gerichtlichen Erwachsenenvertreter benötigt, wird – anders als bei den anderen Säulen – in einem gerichtlichen Verfahren geklärt. 

Da die Fragestellung einer Beeinträchtigung der Entscheidungsfähigkeit auch z.B. aufgrund eines Unfalls sehr plötzlich relevant werden kann, sollten sich Unternehmer schon vorausschauend mit dieser Thematik auseinandersetzen. Die aus Sicht des Betroffenen weiteste Auswahlmöglichkeit besteht im Bereich der Vorsorgevollmacht. Auch eine solche sollte regelmäßig dahingehend überprüft werden, ob sie den aktuellen und zukünftig zu erwartenden Umständen noch entspricht oder angepasst werden muss. 

Das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung hat zum neuen Erwachsenenschutzrecht eine Broschüre publiziert.



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