Konjunkturradar zur österreichischen Wirtschaft
Trends anhand von Echtzeit-Indikatoren
Wie steht es momentan um die österreichische Wirtschaft? Anhand von Echtzeit-Indikatoren stellen wir die Entwicklung dar.
Die nächste Ausgabe erscheint Anfang Oktober 2023.

Rezession ante portas?
Im zweiten Quartal sank das BIP in Österreich um 1,1 % zum Vorjahresquartal. Die Industrie und der Handel sind besonders stark von der konjunkturellen Schwäche betroffen. Im Handel befindet sich die Bruttowertschöpfung mittlerweile um knapp 5 % unter dem Vorpandemieniveau. Die gesamtwirtschaftliche Abwärtsbewegung könnte sich auch im dritten Quartal fortsetzen. Die stark gestiegenen Zinsen belasten die weltweite Nachfrage. Während der Zinsanhebungszyklus in den USA bald zu Ende gehen dürfte, sieht es in der Eurozone aufgrund der hartnäckigeren Inflation noch nicht danach aus. Für die schwache Warenexportnachfrage ist auch noch kein Ende in Sicht. Chinas Wachstumsprognosen wurden jüngst hinunter revidiert. Für Österreichs wichtigsten Handelspartner, Deutschland, wird gar eine Schrumpfung der Wirtschaftsleistung um 0,3 % im Gesamtjahr 2023 erwartet. Dies ist nicht günstig für die Auftragsentwicklung der österreichischen Industrie.
Indikatoren
Abwärtstrend hält in der Eurozone an
Die Einkaufsmanagerindizes der Industrie befanden sich im August sowohl in der Eurozone und den USA als auch weltweit weiterhin im Kontraktionsbereich. In der Eurozone drückten stark rückläufige Neuaufträge im Vergleich zum Vormonat den Index hinunter. Während die Industrieländer schwächeln, liegen die Stimmungsindikatoren der Industrie in Schwellenländern, wie Indien und Indonesien, hingegen deutlich im positiven Bereich.

Neuaufträge weiterhin auf Talfahrt
Die Neuaufträge der heimischen Industrie befinden sich seit 16 Monaten im Abwärtstrend. Der Auftragsbestand ist unter den langjährigen Durchschnitt gesunken, während der Bestand an fertigen Waren in den Verkaufslagern aufgrund der Nachfrageschwäche überdurchschnittlich hoch ist. Die Bank Austria rechnet mit einem realen Produktions-Rückgang um bis zu 2 % in diesem Jahr in Österreichs Industrie.

Dienstleister skeptisch, Industriestimmung negativ
Die Dienstleistungsunternehmen sind skeptisch, aber deren Stimmung ist immer noch deutlich besser als jene der Industrie. Auch innerhalb des Dienstleistungssektors gibt es Unterschiede. Während der Einzelhandel in der ersten Jahreshälfte reale Umsatzeinbußen verzeichnete, konnte sich der Tourismus über den höchsten Stand an Übernachtungen von Mai bis Juli seit 1980 freuen. Klar negativ sind die Einschätzungen hingegen bereits seit über einem Jahr in der energieintensiven Papierindustrie.

Schwacher Containerumschlag
Europas Konjunktur schwächelt. Dieses Bild zeigt sich bei einer Betrachtung des Containerumschlags in den nordeuropäischen Häfen. Seit Jahresanfang 2022 ist dieser durch einen Abwärtstrend geprägt und liegt derzeit unter dem Vorkrisenniveau. China stabilisierte im Frühjahr 2023 die weltweite Entwicklung. Für den Beginn der zweiten Jahreshälfte deuten die Daten aber auf eine weltweite Abschwächung des Warenhandels aufgrund der gestiegenen Zinsen und Energiepreise hin.

Erzeugerpreise sinken
Der Erzeugerpreisindex des produzierenden Bereichs sank im Juli um 1,3 % unter das Vorjahresniveau. Preisrückgänge bei der Energie und den Vorleistungen trugen dazu bei. Der Verbraucherpreisindex befand sich im August hingegen noch immer um 7,5 % über dem Vorjahr, gestiegene Treibstoffpreise waren ein Grund dafür. Noch hat Österreich die höchste Verbraucherpreisinflation Westeuropas. Ab September dürften Basiseffekte aber auch bei uns für einen deutlichen Rückgang der Verbraucherpreise sorgen.

Arbeitsmarkt mit leichten Spuren der Konjunkturflaute
Die abgekühlte Konjunktur zeigte sich im August in einer leicht höheren Arbeitslosenquote als vor einem Jahr, wenngleich diese immer noch niedrig im langjährigen Vergleich war. Gestiegen ist die Arbeitslosigkeit am Bau, im Tourismus und der Industrie. Tirol sticht als einziges Bundesland mit einer nahezu Vollbeschäftigung hervor. Rückläufig ist auf Bundesebene die Anzahl der offenen Stellen. Im August 2023 gab es um 23.600 weniger offene Stellen als im Vorjahr.

Steiler Zinsanstieg bremst Investitionen
Die starken Leitzinserhöhungen der EZB führten zu einem steilen Anstieg der Kreditzinsen. Während neu vergebene Kredite an Unternehmen im Umfang von über einer Million Euro im August 2022 noch mit durchschnittlich 1,6 % p.a. verzinst wurden, waren es im Juni 2023 bereits 4,6 % p.a. Die höheren Finanzierungskosten verteuern Investitionen. Im zweiten Quartal 2023 sanken die Bruttoanlageinvestitionen in Wohnbauten um fast 10 % zum Vorjahresquartal.

Fazit
Neben der Industrie zeigen sich nun auch im Handel deutliche Auswirkungen der konjunkturellen Schwäche. Am Arbeitsmarkt sind bislang hingegen nur leichte Bremsspuren erkennbar. Frühindikatoren deuten darauf hin, dass sich die schleppende Konjunkturentwicklung auch in der zweiten Jahreshälfte fortsetzt. Der erhoffte Aufschwung ist noch nicht in Sicht.
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Jänner 2022