Nein zu Quoten, Ja zur Förderung bestimmter Gruppen

Argumente der WKÖ

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Aktualisiert am 11.03.2023

Unsere Gesellschaft ist vielfältig. Einige fordern daher, dass auch die Beschäftigtenstruktur in einem Unternehmen vielfältig sein soll und treten für mehr „Diversität“ ein. Dadurch würde die Wirtschaft ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen und langfristig von mehr Effizienz profitieren. Manche Befürworter von Diversität fordern in diesem Zusammenhang auch die Einführung von verpflichtenden Quoten z.B. für Frauen, Ältere, Migranten oder Lehrlingen. 

Quoten können direkt (z.B. Frauenquote im Aufsichtsrat seit 1.1.2018) oder indirekt vorgeschrieben werden (z.B. wenn bei einer Ausschreibung bestimmte soziale Kriterien vom Bieter gefordert werden).

Auch die Wirtschaftskammer bekennt sich zur Förderung von Gruppen mit Nachteilen, sieht aber verpflichtende Quoten aus den folgenden Gründen kritisch:  

Verpflichtende Quoten verfehlen ihr Ziel 

  • Quotenregelungen sind nicht das geeignete Instrument zur Förderung von Beschäftigung, egal für welche Art von Personen oder Unternehmen. Quoten behandeln nämlich nur die Symptome und nicht die Ursachen (z.B. Demographie, Ausbildung, Sprache, mangelnde Kinderbetreuungseinrichtungen etc.). 
  • Branchenspezifische Besonderheiten werden durch Quoten nicht berücksichtigt. So variiert der Anteil von Frauen stark von Branche zu Branche (z.B. Handel vs. Bau) oder jener von Älteren (z.B. Energieversorgung vs. Gastronomie).  

Quoten sind nachteilig und diskriminierend 

  • In der Quotendiskussion wird gerne verdrängt, dass gesetzliche Quoten diskriminierend sind sowohl gegenüber besser geeigneten anderen Bewerberinnen oder Bewerbern, die nur aufgrund der Quote nicht zum Zug kommen, als auch gegenüber den Begünstigten selbst. Ihnen haftet der Verdacht an, nur auf Grund der Quote bzw. des entsprechenden Merkmals (Alter, Geschlecht, Herkunft etc.) und nicht auf Grund der Qualifikation eine bestimmte Position erreicht zu haben.  
  • Quoten können sich negativ auf den Leistungswillen sowohl der geförderten als auch der nicht geförderten Gruppe auswirken, weil nicht mehr die Leistung im Vordergrund steht: Nicht geförderte befürchten, dass sie trotz Leistung Nachteile im beruflichen Aufstieg erfahren. Geförderte können sich beim Aufstieg auf die Quote verlassen.  
  • Zudem greifen Quotenregelungen massiv in die unternehmerische Freiheit, die Vertragsfreiheit und das geschützte Eigentumsrecht von Unternehmen ein. Jeder Unternehmer muss selbst entscheiden können, welche Mitarbeiter er für sein Unternehmen benötigt. Schließlich trägt er auch die Verantwortung für den Geschäftserfolg und den Erhalt der Arbeitsplätze. Auch Anteilseigner haben ihr Vermögen für das Unternehmen eingesetzt, daher sollen sie frei bestimmen können, wer sie im Aufsichtsrat vertritt.

Schlechte Erfahrungen und keine positiven Effekte

In Norwegen wurde 2003 eine gesetzliche Frauenquote für börsennotierte Unternehmen beschlossen. Studien aus 2011 zeigten, dass die geltenden Frauenquoten zwar erfüllt werden, allerdings durch wenige Frauen, auf die jeweils mehrere Mandate entfallen (sog. „Goldröcke“).[1] Nach einer Studie aus 2014 brachte die Quote für weibliche Beschäftigte unterhalb der Führungsebene weder nennenswerte Karriere- noch Einkommensvorteile.[2]

Eine Studie aus 2019 untersuchte den Effekt der gesetzlichen Quote für Aufsichtsräte in Italien: Demnach hob die Quote zwar den Frauenanteil im Aufsichtsrat, förderte aber weder die Zahl der weiblichen Führungskräfte noch die Zahl der Top-Verdienerinnen noch generell Frauenkarrieren. Fazit der Autorinnen: „Es könne auch sein, dass sich Frauenkarrieren besser „von unten“ fördern lassen. Etwa durch eine bessere Kinderbetreuung, durch Jobsharing-Möglichkeiten, Mentoring oder frauenfreundlichere Bewerbungs- und Einstellungsprozesse“[3]. 

Die Wirtschaftskammer bekennt sich zur Förderung von Menschen mit Behinderung und grundsätzlich auch zur Ausgleichstaxe. Es zeigen sich aber auch hier die typischen negativen Erscheinungen von Quoten: Betriebe, die mehr als 24 Arbeitnehmer beschäftigen, müssen eine gewisse Anzahl von Menschen mit Behinderung einstellen oder Strafzahlungen in den Ausgleichstaxfonds zahlen. Die Erfahrungen mit der Quote sind schlecht. Die Quote ist sehr bürokratisch, ohne den erhofften arbeitsmarktpolitischen Lenkungseffekt zu haben. Zudem können Betriebe die Quote oft nicht erfüllen, weil sich keine passenden Personen bewerben oder das Vorliegen einer Behinderung dem Arbeitgeber nicht mitgeteilt wird.  

Der Anteil der Beschäftigten steigt auch ohne Quote

Die Wirtschaftskammer unterstützt den Weg der Freiwilligkeit, der Bewusstseinsbildung und gezielter Fördermaßnahmen, die bei den Ursachen von Benachteiligungen ansetzen: Dazu gehört, wenn es zB um die Förderung von Frauen in Führungspositionen geht, der Ausbau von flexiblen Kinderbetreuungseinrichtungen mit möglichst langer, ganzjähriger Öffnung, Jobsharing-Möglichkeiten, Mentoring, faire gleiche Behandlung von Männern und Frauen beim Gehalt, Einstellungsprozess, Ausbildung, Anbieten von  Empowerment-Schulungen für Frauen, Förderung der work-family balance, unterstützende Maßnahmen bei der Kindererziehung.

Weiters sinnvoll wären eine Ausweitung der steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuung, die Sensibilisierung von Frauen bei der Berufswahl insbesondere für typische Männerberufe und die gezielte Ausbildung und Ermutigung von Frauen zur Karriere. Das Führungskräfteprogramm "Zukunft.Frauen" ist hier Vorreiter. Es wurde von der WKÖ zusammen mit dem Wirtschaftsministerium und der Industriellenvereinigung ins Leben gerufen. http://www.zukunft-frauen.at

Infolge dieser Maßnahmen steigt der Anteil von Frauen in Führungspositionen – und insbesondere auch der Anteil der Unternehmerinnen - seit Jahren an. 

Fazit: Zum Zwecke der Statistik sind Quoten möglicherweise zielführend, aber nicht für die Ziele der Unternehmen und der Masse der Beschäftigten. 

 

Autor: Mag. Emanuel Ludwig, MBA

 Stand: August 2022