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Kollektive Rechtsverfolgung | 11.12.2018

Nachbericht zur Veranstaltung in der WKÖ

Lesedauer: 1 Minute

Aktualisiert am 13.03.2023

Aktuelle Ereignisse haben in die seit Jahren schwelende Diskussion um die kollektive Rechtsverfolgung wieder Fahrt gebracht. Vor allem aufgrund des sog. „Dieselskandal“ hat die Europäische Kommission am 11.4.2018 ihren Vorschlag für eine Richtlinie über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher veröffentlicht. 

Aus diesem Anlass hat die Abteilung für Rechtspolitik der Wirtschaftskammer Österreich zu einer Veranstaltung am 11.12.2018 eingeladen, um den Stand der Diskussion, die verschiedenen europäischen Modelle und den Richtlinienentwurf von unterschiedlichen Seiten zu beleuchten. 

„Die Wirtschaft ist nicht grundsätzlich gegen Verfahren zur kollektiven Rechtsverfolgung. Derartige Verfahren müssen jedoch fair sein, ausgewogen was die Rechte und Pflichten der Verfahrensparteien betrifft“, so Dr. Schön, Leiterin der Abteilung für Rechtspolitik, in ihrer einleitenden Begrüßung. 

SC Hon.‑Prof. Dr. Kathrein (BMVRDJ) stellte den Richtlinienentwurf kurz vor und erläuterte die Schwierigkeiten in den Verhandlungen unter österreichischer Ratspräsidentschaft. Univ.‑Prof. Dr. Deixler-Hübner (Universität Linz) verglich die verschiedenen vorhandenen europäischen Modelle, während Univ.‑Prof. Dr. Schauer (Universität Wien) Grenzen und Probleme aufzeigte und sich deutlich für ein opt‑in-System aussprach.  

RA Dr. Jarolim, Justizsprecher der SPÖ, kritisierte, dass trotz jahrelanger Diskussion weiterhin keine gemeinsam tragbare Lösung erreicht werden konnte. RA Dr. Albiez, Binder Grösswang Rechtsanwälte GmbH, betonte die vorhandenen Möglichkeiten kollektiver Rechtsverfolgung und die Notwendigkeit der Beibehaltung effektiver Vertretungsmöglichkeiten im Hinblick auf allfällige Änderungen der Prozessmodalitäten. Präsidentin Dr. Wittmann-Tiwald verdeutlichte die derzeitige Überlastung des Handelsgerichts Wien und appellierte eindringlich an den Gesetzgeber, Lösungen dieses Umstandes zu erreichen, etwa durch Einführung eines Musterfeststellungsverfahrens. „Der Gesetzgeber darf Kopf nicht in den Sand stecken!“  

Dr. Schuschnigg, Abteilung für Rechtspolitik der WKÖ, unterstrich, dass der Richtlinienentwurf verfahrensrechtliche Grundrechte missachtet. Der Entwurf greift schwerwiegend in das wohl austarierte System zum Nachteil des beklagten Unternehmers ein. Zudem werden wesentliche Punkte, wie etwa die des Gerichtsstandes, des Verhältnisses zu Verfahren in anderen Mitgliedstaaten und zu anderen EU‑Rechtsakten, wie etwa der Verordnung zur Behördenkooperation in Verbraucherangelegenheiten, vollkommen außer Acht gelassen. 

In der Diskussion wurden, wie zu erwarten war, die unterschiedlichen Auffassungen zwischen Wirtschafts- und Konsumentenschutzseite deutlich. Allseits wurde allerdings auch die Bereitschaft betont, gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten, die auf allgemeine Zustimmung stößt.

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