Buchtipp: Die Erweiterung
Robert Menasse | Suhrkamp Verlag, 2022
Der Diebstahl des Helms des albanischen Nationalhelden Skanderbeg aus dem Wiener Museum steht am Beginn des Romans, der sich mit der Frage der EU-Erweiterung beschäftigt.
Robert Menasse verknüpft kunstvoll die Schicksale verschiedener Proponenten – zwei ehemalige Blutsbrüder des polnischen Untergrundkampfs gegen das kommunistische Regime, einer wird polnischer Ministerpräsident, der andere arbeitet in der Europäischen Kommission für die Generaldirektion Erweiterung und wird erbitterter Gegner seines ehemaligen Freundes; ein Kommissionsbeamter, der sich in die Leiterin des albanischen Justizausschusses verliebt, der albanische Regierungschef, ehemaliger Basketballspieler und Künstler, mit seinem visionären Dichter-Berater, die den Helm des Skanderbeg als politische Trumpfkarte der vereinigten Albaner gegen die Zurückhaltung der EU-Staaten gegen die Mitgliedstaaten der EU verwenden möchte. Der Gegensatz zwischen engagierten Kommissionsbeamten, nationalistisch denkenden Mitgliedstaaten, die das Thema Rechtsstaatlichkeit zum Teil selbst nicht ganz ernst nehmen, einem Beitrittskandidaten (Albanien), dass im Wissen großer rechtsstaatlicher Defizite enorme Anstrengungen – zum Teil unbelohnt - Richtung EU-Beitritt unternimmt, wird im Rahmen der individuellen Schicksale der handelnden Personen dargestellt.
So entsteht für den Leser ganz nebenbei auch ein Bild über die zum Teil komplizierten Vorgänge der Entscheidungsfindung in der EU. Das Ganze kulminiert in der inszenierten Kreuzfahrt auf der SS Skanderbeg, auf der die europäischen Staatenlenker auf die Erweiterung eingeschworen werden sollten – doch es kommt ganz anders, als alle geplant haben.
Hervorzuheben ist die Detailgenauigkeit von Orten, Kultur, und Charakteren. Menasse spart in diesem Buch nicht mit Kritik an der praktischen Umsetzung der grundsätzlich guten und richtigen Idee der Europäischen Einigung.
- ISBN: 978-3-518-43080-4
Umfang: 653 Seiten
Preis: € 28,-