Kommentar Wirtschaftspolitik: Investitionsstandort Österreich stärken

Ausgabe 35/2016

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 13.03.2023

In Kürze

  • Die Investitionstätigkeit in Österreich war in den letzten Jahren verhalten. Die Investitionen lieferten kaum einen Wachstumsbeitrag zum BIP. Die im Vergleich zu den letzten Jahren positiveren Aussichten beruhen auf Sondereffekten.
  • Es gilt, wieder mehr Vertrauen zu schaffen und die Rahmenbedingungen für private Investitionen zu verbessern. Dazu gehören ein attraktiveres Steuersystem, weniger Bürokratie sowie ergänzend gezielte Investitionsanreize.
  • Die Ergebnisse einer aktuellen WIFO-Studie im Auftrag der WKÖ zeigen die wichtigsten Handlungsfehler zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen.
     

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Erkenntnisse aus einer aktuellen WIFO-Studie zeigen, dass geringere Unternehmenssteuern, moderne Abschreibungsmethoden und gezielte Anreize für private Investitionen (insbesondere immaterielle Investitionen) sich auf Strandortattraktivität und Wachstumstreiber auswirken.

Die Hauptergebnisse der WIFO Studie*

1. Unternehmenssteuern senken

Unternehmenssteuersätze haben einen wesentlichen Einfluss auf Investitionen im Inland und auf ausländische Direktinvestitionen. Im Durchschnitt führt eine Reduzierung des effektiven Durchschnittssteuersatzes (EATR) um einen Prozent-punkt zu einer Steigerung des Kapitalstocks um 0,5 % in der Sachgütererzeugung und 1,1 % in den produktionsnahen Dienstleistungen. Eine Senkung des effektiven Durchschnittssteuersatzes von 23 auf 21 % würde eine Angleichung an das Niveau der EU-6-Länder, welche eine ähnliche Größe und BIP pro Kopf aufweisen (Belgien, Dänemark, Finnland, Irland, Niederlande, Schweden), bedeuten und zusätzliche Investitionen bewirken. Der Investitionszuwachs dürfte damit höher ausfallen als die entgangenen Steuereinnahmen, die auf 130 Millionen Euro geschätzt werden.

Berechnung des WIFO: Effekte einer Senkung des EATR von 23 auf 21 % lösen zusätzliche Investitionen in Höhe von € 120 Mio. im produzierenden Sektor und € 470 Mio. im Dienstleistungssektor aus.

Die nominellen und effektiven Körperschaftsteuersätze spielen – gemeinsam mit der Steuerbemessungsgrundlage – in der Standortwahl eine wesentliche Rolle. Mit 25 % liegt der österreichische Körperschaftsteuersatz über dem europäischen Durchschnitt. In der EU geht der Trend in Richtung KöSt-Senkung.

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2. Abschreibungsmöglichkeiten ausweiten

Ein spürbarer Impuls auf die Investitionstätigkeit ist durch eine generelle Umsetzung verkürzter Abschreibungsfristen zu erwarten. Die Mehrheit der innovativen Vorbildländer in der EU (BE, CH, DK, LU, SE, FI und UK) erlaubt die Wahl verschiedener Abschreibungsmethoden (degressive, sinkende oder gepoolte gemischte Lösungen). Mit den flexibleren Abschreibungsmethoden wird die wirtschaftliche Realität wesentlich besser abgebildet als mit der rein linearen Abschreibungsmethode.

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3. Maßnahmen für immaterielle Investitionen setzen

In Österreich sind die Investitionen in Ausrüstungen gemessen am BIP seit 2008 leicht rückläufig. Unter Berücksichtigung der Investitionen in immaterielle Wirtschaftsgüter (in den Ausrüstungsinvestitionen) ist die Ausrüstungsinvestitionsquote in Österreich stabil. Dies belegt eine Verschiebung der Investitionsstruktur von materiellen zu immateriellen Anlagegütern. In den OECD-Ländern beträgt der Anteil der Investitionen in immaterielle Wirtschaftsgüter im Unternehmenssektor am BIP bereits 5 % und mehr.

Noch deutlicher zeigen sich die Unterschiede in der Investitionsstruktur zwischen Ländern, wenn die Anteile der verschiedenen Investitionsarten an den Investitionen insgesamt berechnet werden. Während in Österreich 19 % der Investitionen auf immaterielle Wirtschaftsgüter entfallen, beträgt dieser Anteil in den EU-6 Ländern 25 %. Maßnahmen zur Steigerung der Investitionen in immaterielle Wirtschaftsgüter sollten getroffen werden, denn davon könnte eine große Anzahl von Unternehmen in allen Branchen profitieren. Erste Schätzungen zeigen, dass eine Erhöhung der Investitionen in immaterielle Wirtschaftsgüter auf das Niveau führender EU-Länder zu einem Anstieg des BIP-Wachstums in Höhe von 0,3 Prozentpunkten pro Jahr führen kann.

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4. Gezielte (steuerliche) Anreize umsetzen

In Österreich liegen im Jahr 2014 die öffentlichen Investitionszuschüsse für Unternehmen gemessen am BIP bei 0,07 %. In den EU-6 Ländern hingegen bei 0,2 %; in Deutschland bei 0,4 % und in der Schweiz bei 0,6 %. Skandinavische Länder, Belgien, Irland und die Niederlande geben somit mehr als viermal so viel für öffentliche Investitionszuschüsse aus, die Schweiz sogar zehnmal so viel wie Österreich.

Im Vergleich zum Zeitraum vor der Finanz- und Wirtschaftskrise sind in Österreich die öffentlichen Investitionszuschüsse für Unternehmen (gemessen am BIP) um mehr als 70 % gekürzt worden (von 0,2 % auf 0,07 %) und damit stärker als in jedem anderen EU-Land mit ähnlicher Wirtschaftsleistung und Größe. Die Subventionen für Unternehmen (ohne Landwirtschaft) in Relation zum BIP sind in Österreich im Vergleich zu EU-Ländern mit ähnlicher Wirtschaftsleistung und Größe geringer als in den sechs EU-Ländern (0,8 % vs 1,2 %).

Die Unternehmen selbst präferieren eher steuerliche Anreize als Direktförderungen.2 Gerade vor diesem Hintergrund sind Investitionsanreize notwendig, denn diese generieren mittelfristig einen wesentlichen Wachstums-effekt. Ergänzend zu steuerlichen Maßnahmen auf nationaler Ebene können regionale Direktförderungen die Investitionstätigkeit weiter unterstützen.
Betrachtet man die Investitionen nach Größenklasse zeigt sich die im Vergleich zur Anzahl der Unternehmen überdurchschnittliche Bedeutung der großen Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern für die Investitionstätigkeit.

Damit möglichst viele Unternehmen von einem Investitionsanreiz profitieren können, sollte eine Kombination aus einer Anhebung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter und der Einführung eines Investitionsbetrages umgesetzt werden.

  • Anhebung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter auf 1.500 Euro
    Da die Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter ein Wahlrecht ist, profitieren alle Unternehmen davon. Die Maßnahme ist aber insbesondere für kleine Unternehmen interessant, da sie kleinere Anschaffungen in guten Geschäftsjahren vorziehen können (Steuerplanung).
  • Investitionsfreibetrag einführen
    Einführung eines 30 %-igen Investitionsfreibetrags, der den zu versteuernden Gewinn eines Unternehmens mindert und Unternehmen Anreize bietet, rascher und in höherem Ausmaß neue Investitionen zu tätigen. Der Investitionsfreibetrag ist ein zusätzlicher Abschreibungsposten neben der Normalabschreibung. Dadurch kommt es je nach der Höhe der Steuerprogression zu einer echten Steuerersparnis für Unternehmen. Die Maßnahme soll auf maschinelle Anlagen und immaterielle Wirtschaftsgüter fokussieren.


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* Vgl. WIFO-Studie, Falk (2016): Corporate Investment in Austria: Stylized facts, Impacts, Determinants and Investment Policies


Autoren

Dr. Christoph M. Schneider 
Wirtschaftskammer Österreich
Stabsabteilung Wirtschaftspolitik

+43 (0)5 90 900-3181 
christoph.schneider@wko.at

MMag. Claudia Huber
Wirtschaftskammer Österreich
Stabsabteilung Wirtschaftspolitik

+43 (0)5 90 900-4401 
claudia.huber@wko.at



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