EU-US-Abkommen – eine neue Ära für Investitionsschutz und Streitbeilegung?

Rückblick zum Experten-Roundtable am 4.10.2013

Lesedauer: 3 Minuten

Aktualisiert am 13.03.2023

Am 4. Oktober 2013 fand im Leopold Maderthaner Saal der Wirtschaftskammer Österreich der Experten-Round-Table "EU-US-Abkommen – eine neue Ära für Investitionsschutz und Streitbeilegung?" statt, das von der Abteilung für Rechtspolitik und der Abteilung für Finanz- und Handelspolitik gemeinsam veranstaltet wurde.

In vier Referaten wurde von hochrangigen Experten die bisherige Entwicklung auf europäischer Ebene erörtert und die Tragweite der vorgeschlagenen Neuerungen mit ihren potenziellen Auswirkungen auf den Investitionsschutz in künftigen EU-Abkommen (mit den USA, aber auch mit China, Indien, Kanada und Singapur) analysiert.

Bei der Begrüßung informierte Dr. Ralf Kronberger, Leiter der Abteilung für Finanz- und Handelspolitik, über den Bestand österreichischer Direktinvestitionen im Ausland im Jahr 2012 (166.516 Mio. EUR) und wies aufgrund dieser beeindruckenden Zahl auf die Wichtigkeit eines gut funktionierenden Systems bzw. das Vorhandensein von Verträgen, um österreichische Vermögenswerte und Investitionen im Ausland zu schützen, hin.

Im Anschluss daran, erläuterte Dr. René Dell’mour (Oesterreichische Nationalbank) im ersten Referat die bilateralen Direktinvestitionsbeziehungen zwischen Österreich und den USA.

Als weltgrößter Investor sind die USA auch in Österreich mit beachtlichen Volumina investiert. Österreich, das bei aktiven Direktinvestitionen weltweit den beachtlichen 24. Rang belegt, ist in den USA mit 120 Investitionen präsent, die einen Wert von 5,3 Mrd EUR aufweisen. Er erörterte die für die Erfassung von Daten und die Deutung der entsprechenden Aufzeichnungen wesentliche Unterscheidung zwischen Flussstatistik und Bestandsstatistik und bot eine branchenspezifische Übersicht über österreichische Investitionen in den USA.

Ao. Univ.-Prof. Dr. Christian Bellak (Wirtschaftsuniversität Wien) ging in seinem Referat mit dem Titel "Investitionsschutzabkommen und Außenwirtschaft – eine ökonomische Betrachtung" insbesondere der Frage nach, inwiefern Investitionsschutzabkommen Direktinvestitionen fördern.

Er erörterte zunächst die Wirkung der stets stärker in den Fokus aktueller Verhandlungen rückenden nicht-tarifären Handelshemmnisse, die sich beschränkend auf den Marktzugang auswirken und beschrieb den staatlichen Souveränitätsverzicht als kalkulierte Entscheidung mit Blick darauf, Investitionen anzuziehen, die andernfalls nicht ins Land geholt werden hätten können. Hinsichtlich der sog Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahren ging er insbesondere auch auf aktuelle Kritikpunkte ein, die um die Fragen des Umfangs der Streitbeilegung, der Grenzen zum Recht auf öffentliche Regulierung und der Asymmetrien von Rechten und Pflichten zwischen Investoren und Staaten kreisen. Abschließend bot er eine Übersicht über Optionen für die Weiterentwicklung des Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus in künftigen Abkommen.

Univ.-Prof. Dr. Christoph Schreuer (vormals Universität Wien) ging in seinem Referat mit dem Titel "Investor-Staat-Streitbeilegung im Investitionsschutz – auch in Zukunft?" der Frage nach, welche Rolle dem Streitbeilegungsverfahren bislang zuteil geworden ist. Er legte dar, wie seit dem ersten europäischen BIT, dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Pakistan aus dem Jahr 1959, kontinuierlich das Ziel der Entpolitisierung von Investitionsschutzstreitigkeiten und der Entlastung von internationalen Beziehungen der Staaten – durchwegs erfolgreich - verfolgt wurde. Er beleuchtete die verfahrensspezifischen Vorzüge dieses bewährten Mechanismus, der sich auch in den rund sechzig derzeit in Geltung stehenden österreichischen Abkommen findet, und attestierte diesem wesentlichen Element der Streitbeilegung Zukunftsoffenheit und Weiterentwicklungspotential, insbesondere, was die Frage der Verfahrenskosten betrifft, die sich derzeit speziell für KMU mitunter als abschreckend erweisen können.

Abschließend bot Ministerialrat Dr. Manfred Schekulin, MBA (BMWFJ) eine erste Orientierung über die Ausgangslage zu den EU-US-Verhandlungen für ein Abkommen betreffend eine Transatlantische Handels und Investitionspartnerschaft (engl kurz: TTIP). Eine vom BMWFJ in Auftrag gegebene Studie kommt zu dem Ergebnis, dass im Falle eines erfolgreichen Abschlusses der Verhandlungen infolge des Wegfalls von nicht tarifären Handelshemmnissen ein Ansteigen der Arbeitsproduktivität, der Löhne, der Beschäftigung insgesamt sowie merkliche Zuwachsraten beim BIP zu erwarten seien. EU-seitig sei Investitionsschutz generell als Kapitalexportschutzregime konzipiert. In den weiteren Verhandlungen werde es vor allem auch darum gehen, das auf österreichischer Ebene erreichte Schutzniveau möglichst auf europäische Ebene zu übertragen.

In der anschließenden, von Dr. Winfried Pöcherstorfer (WKÖ, Abteilung für Rechtspolitik) geleiteten Diskussion wurden weitere Fragen zum Investitionsschutz und Streitbeilegung im Lichte der aktuellen europäischen Verhandlungen erörtert, wobei Einigkeit dahingehend bestand, dass ein regelmäßiger Austausch im Expertenkreise insbesondere auch im Rahmen von Veranstaltungen wie dem gegenständlichen Round-Table einen wichtigen Beitrag zum aktuellen Diskurs leisten kann. 

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