SPIK - Sozialpolitik informativ & kurz

Newsletter Abteilung Sozialpolitik und Gesundheit 30.11.2022

Lesedauer: 6 Minuten

Aktualisiert am 13.03.2023

Inhaltsübersicht

  • In den meisten OECD-Ländern fehlen Arbeitskräfte
  • Wieviele Personen im Pensionsalter (65+) kommen auf 10 Personen im Erwerbsalter (20-64)?
  • SVS Gesundheitsaktion „Gemeinsam vorsorgen“
  • Neu: Arbeitsmedizinischer Fachdienst soll dem Medizinermangel abhelfen
  • IT Job Days 2.0 am 13./14. Dezember 2022


Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Energieversorgung und -kosten sowie Arbeitskräftemangel sind die Hauptbremser der heimischen und internationalen Wirtschaft: Denn nicht nur in Österreich, in den meisten OECD-Ländern fehlen Arbeitskräfte. Besonders hart trifft es Deutschland. Dem könnten laut IAB nur ein Mehr an qualifizierter Zuwanderung, Erwerbsbeteiligung UND – langfristig - Geburten abhelfen.

Dieser Befund gilt abgeschwächt auch für Österreich: Denn nach der Bevölkerungsprognose von Statistik Austria nimmt die Altersgruppe 65+ massiv zu, die Altersgruppe 20-64 Jahre geht zurück.

Die SVS startet Anfang 2023 ein Programm, das die Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen belohnt.

Die Demografie zeigt sich besonders auch am Medizinermangel. Der neue arbeitsmedizinische Fachdienst kann einen Teil der Präventionszeiten, die Unternehmen erfüllen müssen, übernehmen.

Am 13./14. Dezember sind wieder IT Job Days, die heimische Unternehmen und IT-Kräfte aus der ganzen Welt zusammenführen sollen.

Alles Gute!

Rolf Gleißner


In den meisten OECD-Ländern fehlen Arbeitskräfte

Deutschland droht massive Schrumpfung 

Österreich ist kein Einzelfall: Die OECD stellt inzwischen in den meisten Mitgliedsländern einen Arbeitskräftemangel fest. Besonders trifft es unseren großen Nachbarn: Laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung wird das deutsche Erwerbspotenzial ohne Forcierung von Zuwanderung und Erwerbsbeteiligung massiv schrumpfen. 

Der OECD Employment Outlook 2022 stellt in den ersten beiden Quartalen 2022 in vielen OECD-Staaten einen Rekordanstieg an offenen Stellen fest. Weit mehr Unternehmen als vor COVID berichten über Arbeitskräfteknappheit und daraus resultierende Produktionsengpässe. Aktuell nennen die meisten Staaten Arbeitskräfteknappheit als größte Herausforderung auf ihrem Arbeitsmarkt: 

Ursachen für den starken Anstieg an offenen Stellen und den Mangel an Arbeitskräften ist die rasche Erholung der besonders von der Pandemie getroffenen Sektoren, die starke globale Nachfrage sowie die umfangreichen Wiederaufbauprogramme vieler Staaten nach der COVID-Krise.

Jüngste Studien führen die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt weniger auf die Knappheit spezieller Fertigkeiten zurück, sondern auf steigende Erwerbsinaktivität etwa bei Älteren oder niedrig Qualifizierten bei gleichzeitig großem Angebot an offenen Stellen. Das vorhandene inländische Arbeitskräftepotenzial reicht häufig nicht aus, um alle offenen Stellen zu besetzen. Die OECD empfiehlt ihren Mitgliedern, eine attraktive Zuwanderungspolitik zu entwickeln und ihre Migranten besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Massive Schrumpfung droht in Deutschland 

Ohne Zuwanderung und steigende Erwerbsquoten schrumpft das deutsche Arbeitskräfteangebot demografisch bedingt um 7 Mio. Personen bis 2035, so die Berechnungen des deutschen Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Im günstigsten Fall könnte mit (qualifizierter) Zuwanderung ein Potenzial von 3,7 Mio., mit steigender Erwerbsbeteiligung ein Potenzial von 3,4 Mio. Personen gewonnen und damit der drohende Rückgang um 7 Mio. kompensiert werden: Bei einem konstanten Wanderungssaldo von 330.000 Personen pro Jahr würde die Bevölkerung bis 2035 um 3,7 Mio. Personen ansteigen. Allerdings setzt das nicht nur anhaltend hohe Zuwanderung voraus, sondern auch, dass weniger Ausländer als bisher das Land wieder verlassen, konkret nur mehr 5,5% statt bisher 7% pro Jahr. 

Um die übrigen 3,4 Mio. (davon 2,4 Mio. Personen 60 plus) zusätzliche Erwerbspersonen bis 2035 zu gewinnen, bräuchte es Riesenschritte am Arbeitsmarkt: Bei Älteren müssten die Erwerbsquoten der 60 bis 64-Jährigen um 20 %-Punkte steigen, bei den 65 bis 69-Jährigen auf das Niveau der 60 bis 64-Jährigen. Deutsche Frauen müssten eine gleich hohe Erwerbsquote wie deutsche Männer erreichen, Frauen mit Migrationshintergrund dieselbe Erwerbsbeteiligung wie deutsche Frauen. 

Diese Ziele scheinen bis 2035 allerdings kaum erreichbar, ist doch zB der Anteil von Erwerbstätigen unter den Frauen mit Migrationshintergrund um 20 %-Punkte niedriger als bei deutschen Frauen. Dasselbe gilt übrigens für Österreich. 

Eine Reduktion der Arbeitslosigkeit durch Vollbeschäftigung brächte dem IAB zufolge 1,3 Mio. Erwerbspersonen bis 2035. Durch die Ausdehnung der Arbeitszeiten von geringfügig und Teilzeitbeschäftigten ließen zusätzliche 1,4 Mio. Vollzeitäquivalente gewinnen.

Wir brauchen mehr Kinder 

Alle genannten Potenziale setzen massive Anstrengungen in Arbeitsmarkt sowie Qualifikation und eine Änderung der Einstellung voraus. Das IAB nennt daher einen weiteren Faktor, der meist verschwiegen wird: Deutschland braucht mehr Geburten. Letztlich ist ja die seit den 70er Jahren anhaltende Geburtenflaute die Ursache aller demografischen Probleme. Zu dem Zweck fordert das IAB pronatalistische Maßnahmen in der Kinderbetreuung, Arbeitszeit und Familienpolitik.

Die Vorschläge des IAB entsprechen den 5 Säulen der Strategie zur Fachkräftesicherung der Wirtschaftskammer Österreich: Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer, Aktivierung Arbeitsloser, bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, verbesserte Ausbildung sowie qualifizierte Zuwanderung. 

https://www.oecd.org/employment-outlook/2022/

https://www.iab-forum.de/wie-sich-eine-demografisch-bedingte-schrumpfung-des-arbeitsmarkts-noch-abwenden-laesst/


von Mag. Maria Kaun



Bevökerungsprognose
© Bild von pressfotoa auf Freepik Quelle Statistik Austria

Wieviele Personen im Pensionsalter (65+) kommen auf 10 Personen im Erwerbsalter (20-64)?

Die aktuelle Bevölkerungsprognose der Statistik Austria gibt die rasante Alterung der Bevölkerung wieder: Die Altersgruppe 65 Jahre+ nimmt demnach bis 2040 um 45,5% (+790.000) zu, die Altersgruppe 20-64 Jahre schrumpft um 4% (-244.000). Während heute auf 10 Personen im Erwerbsalter 3,2 Personen im Pensionsalter kommen, sind es 2040 schon 4,8 Personen. Das setzt Arbeitsmarkt und Sozialsysteme immer mehr unter Druck.

Bevölkerungsprognose


SVS Gesundheitsaktion „Gemeinsam vorsorgen“

Um Selbständige auf das Thema Vorsorge zu sensibilisieren, startet die SVS mit 2023 die Gesundheitsaktion „Gemeinsam vorsorgen“. Denn Vorsorgeuntersuchungen zählen zu den wichtigsten und effektivsten Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und sind notwendige Investitionen in die Gesundheit. Mit „Gemeinsam vorsorgen“ setzt die SVS einen finanziellen Anreiz, um das Bewusstsein sowie die Verantwortung gegenüber der eigenen Gesundheit zu fördern. 

Unter Berücksichtigung altersabhängiger medizinischer Empfehlungen zu Untersuchungsintervallen werden 2023 daher einmalig 100 Euro für die Absolvierung einer Vorsorge- bzw. Jugendlichenuntersuchung bzw. des Gesundheits-Check Junior zuerkannt.

Anspruchsberechtigt sind bei der SVS laufend krankenversicherte Personen (pflicht- oder freiwillig versichert) sowie mitversicherte Angehörige.

Die Ausbezahlung des Gesundheitsbonus erfolgt ab 2023 automatisch ohne Antragstellung auf das Konto der Teilnehmer. Der Gesundheitsbonus stellt eine einmalige steuerfreie Leistung dar und unterliegt somit nicht der Einkommens- und Umsatzsteuerpflicht. 

Mehr dazu unter: svs.at/gemeinsamvorsorgen


von Mag. Nina Haas



Neu: Arbeitsmedizinischer Fachdienst soll dem Medizinermangel abhelfen

Laut der Österreichischen Akademie für Arbeitsmedizin und Prävention fehlen in Österreich über 500 Arbeitsmediziner, Tendenz steigend. Der neue Arbeitsmedizinische Fachdienst soll Abhilfe schaffen. 

Das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz fordert von jedem Betrieb den Einsatz von Präventivdiensten in einem bestimmten Ausmaß pro Jahr. Für Betriebsstätten bis 50 Mitarbeiter bietet die AUVA kostenlose Betreuung, sofern im Gesamtunternehmen nicht mehr als 250 Mitarbeiter beschäftigt sind. Einen großen Teil dieser Dienste mussten bisher Arbeitsmediziner leisten, was durch den Medizinermangel in den letzten Jahren immer schwieriger wurde.

Unter Leitung eines Arbeitsmediziners kann nun ein arbeitsmedizinischer Fachdienst eingesetzt werden. Grundlage sind die Novelle zum ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) sowie die Verordnung über arbeitsmedizinische Zentren (AMZ-VO), die seit Juli in Kraft sind.

Der Beruf des arbeitsmedizinischen Fachdiensts (AFa) setzt einen Ausbildungsabschluss in einem der gehobenen Gesundheitsberufe (Gesundheits- und Krankenpflegedienst, medizinisch-technischer Dienst) sowie zumindest 2-jährige Berufspraxis voraus. Zudem muss eine AFa-Zusatzausbildung (Lehrgang an einer Akademie für Arbeitsmedizin) absolviert werden. In arbeitsmedizinischen Zentren der AUVA können AFa als Fachpersonal eingesetzt werden.

Bis zu 30% der arbeitsmedizinischen Präventionszeit können durch Einsatz von AFa erfüllt werden. Wofür AFa eingesetzt werden, hängt vom individuellen Betreuungsbedarf des Betriebes ab. In Bürobetrieben mit bis zu 50 Arbeitnehmern können AFa erforderlichenfalls für arbeitsmedizinische Folge- und Anlassbegehungen eingesetzt werden. Die Erstbegehung der Büroarbeitsplätze oder vergleichbaren Arbeitsplätze muss aber jedenfalls vom Arbeitsmediziner durchgeführt werden.

von Mag. Pia-Maria Rosner-Scheibengraf




Jeder Beschäftigte muss die Kosten seines Arbeitsplatzes über Produktivität erwirtschaften. Ansonsten drohen dem Arbeitgeber Insolvenz und/oder den Beschäftigten ein Verlust des Arbeitsplatzes.


IT Job Days 2.0 am 13./14. Dezember 2022

Der Arbeits- und Fachkräftemangel betrifft nicht nur Österreich, sondern ganz Europa. Dabei werden aufgrund der vorschreitenden Digitalisierung insbesondere IT-Talente stark gesucht.

Laut Zahlen der EU-Kommission steigt der Bedarf an zusätzlichen IT-Fachkräften europaweit in den nächsten acht Jahren auf gut elf Millionen. In Österreich fehlen aktuell 24.000 IT-Fachkräfte, in den nächsten 5 Jahren sollen es sogar 30.000 werden. Dadurch entsteht ein Wertschöpfungsverlust von 3,8 Milliarden Euro pro Jahr. 

Die WKÖ tritt diesem Problem aktiv entgegen und organisiert am 13. und 14. Dezember 2022 die 2. Auflage der “IT Job Days 2.0“. Österreichische Betriebe können dabei online mit IT-Talenten aus der ganzen Welt in Kontakt treten und auf sich aufmerksam machen. Die Teilnahme ist für Mitglieder mit einem Beitrag von 50 Euro pro Person möglich. Gerade für KMU bietet das Event eine günstige Möglichkeit, auch international an Fachkräften zu kommen.

Dieses Event ist Teil des WKÖ-Projekts Internationale Fachkräfte-Offensive (IFO) und wird von der Abteilung für Sozial- und Gesundheitspolitik und der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA umgesetzt.




Impressum
Wirtschaftskammer Österreich
Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien
Abteilung für Sozial- und Gesundheitspolitik
Leiter: Mag. Dr. Rolf Gleißner
Telefon: +43 (0)5 90 900 4286
sp@wko.at
https://wko.at/sp