Thomas Schaden, der für Migration zuständige Vizepräsident in der Wirtschaftskammer Niederösterreich, überzeugt sich von Kamil Elgüners Handwerkskunst.
© ALOIS RASINGER

Mit Barbiermesser und Feuer

Serie erfolgreich integriert. Das Friseurhandwerk in die Wiege gelegt, betreibt Kamil Elgüner in Wiener Neustadt den Salon Men‘s Style– nach Tradition seiner Heimat.

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Aktualisiert am 05.08.2023

von Simone Stecher


Das türkische Friseurhandwerk ist eine Fähigkeit, die von Generation zu Generation weitergegeben wird“, sagt Kamil Elgüner, nimmt ein langes Wattestäbchen, taucht es in hochprozentigen Alkohol und zündet es an. Dann hält der Friseur die Flamme schnell und präzise an das Ohr seines Kunden und die unliebsamen Haare verbrennen. 2006 ist der gebürtige Türke gemeinsam mit seiner Frau Nurgün – geboren in Österreich – nach Wiener Neustadt gekommen. „Ich habe sofort eine Anstellung als Friseur bekommen und das Geschäft später übernommen“, erzählt der Unternehmer. Viele Jahre hat er den Salon erfolgreich mit seinen Mitarbeitern geführt, ehe ihn der Bruch seines Sprunggelenks zu einer langen Pause zwang. „Ich hatte wohl das, was man eine kleine Sinnkrise nennt“, gesteht Elgüner und greift zu einem Cremetiegel. „Bartbalsamwachs. Spendet Feuchtigkeit und macht den Bart weich und glänzend“, sagt er, ehe er weitererzählt: „Ich habe den Salon 2019 verkauft.“ Dann kam Corona.

„Konnte nicht ohne mein Handwerk“

„Meine Frau und ich überlegten, ob wir gemeinsam ein Geschäft für Abendkleider eröffnen. Aber dann hab‘ ich erkannt, dass ich ohne mein Handwerk nicht kann“, sagt er und lächelt. Also suchte er nach einem neuen Standort und eröffnete im Mai 2021 den Salon Men‘s Style in der Neunkirchner Straße. Hier stutzt er lange Bärte, schneidet Haare und rasiert stoppelige Wangen, massiert Gesicht und Kopf – nach türkischer Art mit Schere, Barbiermesser und Feuerzeug. „Ich bin mit dem Handwerk aufgewachsen. Mein Vater, mein Onkel, zwei meiner Brüder – praktisch die ganze Familie ist im Friseurgeschäft“, erklärt der Wahl-Wiener-Neustädter. 
Ein solider Handwerksberuf, gut in dem zu sein, was man macht, habe es ihm sehr erleichtert, in Österreich Fuß zu fassen. „Wer ehrgeizig ist, diszipliniert, auch beim Erlernen der Sprache, wer sich sozial integriert, verlässlich und selbstsicher ist, der wird auch beruflich erfolgreich sein“, betont Elgüner und blickt sich zufrieden in seinem kleinen Geschäft um.


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