Fässer
© Doris Schwarz-König

„Wir sind als Betriebe standhaft geblieben“ 

Wer ein Beispiel sucht, wie aus einem fast schon tot geglaubten Handwerk ein Exportschlager werden kann, ist bei Niederösterreichs Fassbindern gut aufgehoben.

Lesedauer: 2 Minuten

Aktualisiert am 05.08.2023

von Christian Buchar


Das Geräusch der Hammerschläge fällt in der Werkhalle als erstes auf. Präzise und kontinuierlich treibt jeder Schlag das Entstehen eines neuen Fasses weiter voran. „In unseren Fässern steckt viel Arbeit – und vor allem noch viel echte Handarbeit“, sagt Firmenchef Mathias Stockinger lächelnd. Im Vorjahr hat er die gleichnamige Fassbinderei in Waidhofen/Ybbs von seinem Vater übernommen und führt den Familienbetrieb jetzt in nunmehr dritter Generation. „Der Großvater hat sie einst von seinem Lehrmeister übernommen.“ In Summe schaut das Unternehmen auf eine rund 400-jährige Geschichte zurück.

Renaissance nach Glykol

Dabei war das Handwerk schon nahezu am Ende. Kunststoffbehälter hatten Holzfässer in den 80er-Jahren praktisch völlig verdrängt. „Es hat Jahre gegeben, da haben wir kein einziges Fass verkauft“, blickt Stockinger zurück. Man habe auf Balkonbau umgesattelt. Der Glykol-Skandal und der auf ihn folgende Fokus auf Qualitätsweine leiteten die große Renaissance ein. Heute produziert das Unternehmen 5.000 kleine (bis 500 Liter) und 400 große Fässer (mit bis zu 15.000 Litern Fassungsvermögen) im Jahr. „Wir sind als Betriebe standhaft geblieben“, resümiert der Firmenchef trocken. Wo man einst mit zwei Mitarbeitern das Auslangen gefunden hat, finden mittlerweile 45 Menschen Beschäftigung. 

90 Prozent Export

Die Lieferadressen der im Lager zur Auslieferung bereitstehenden Fässer erzählen eine internationale Erfolgsgeschichte. Weingüter aus Griechenland finden sich da neben solchen im französischen Bordeaux oder in Oakland in den USA. „90 Prozent unserer Fässer gehen in den Export.“ Auch die Fässer, die beim Besuch der „Wirtschaft NÖ“ gerade produziert werden, sind für die USA vorgesehen. Als Zukunftsmarkt sieht Stockinger insbesondere Spanien, „wo immer mehr auf Qualität geachtet wird“. Franz Schrimpl, selbst gelernter Fassbinder und Obmann der Initiative „proHolz NÖ“, ortet vor allem im asiatischen Raum noch Potenziale.

"Darin steckt viel Handarbeit."


Neues Fassbinder-Handbuch

Österreichweit sind aktuell 43 Fassbinderbetriebe aktiv, zwölf davon sind in NÖ beheimatet. Dazu kommt die Landesberufsschule Pöchlarn, die sich durch die Initiative des damaligen Berufsgruppensprechers Schrimpl als zentrale Ausbildungsstätte für das Fassbinderhandwerk etabliert hat – nicht nur für Österreich, sondern international. Dazu passt, dass zuletzt rund 50 Fassbinder aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und Südtirol in Waidhofen/Ybbs zu einer internationalen Fachtagung zusammengekommen sind. 

Auf der Tagesordnung stand unter anderem die Arbeit an einem neuen Küfer-Fassbinder-Handbuch, das alle Themen des traditionellen Handwerks auf dem neuesten Stand abbilden soll. „Unser Fassbinderwesen ist ein gutes Beispiel, wie zeitlos modern unser traditionelles Handwerk und der Werkstoff Holz sind“, so Helmut Mitsch, Innungsmeister der NÖ Tischler und Holzgestalter. „Vom Fass über Möbel bis zum Holzbau – der nachhaltige Werkstoff Holz passt immer.“

Toastung und Geschmack

Apropos Holz! Eiche liegt bei den im Fassbau verwendeten Hölzern nach wie vor weit vorne. Aber auch exotischer anmutende Hölzer wie Akazie, Maulbeer oder Kirsche werden mancherorts verarbeitet. Bei Stockinger setzt man praktisch zu 100 Prozent auf Eiche. „Schlechtes Holz“, das nicht als Fassdaube taugt, wird nicht entsorgt, sondern zu Untergestellen zusammengeleimt. Nachhaltigkeit wird hier hochgehalten.

Unterdessen entfachen Mitarbeiter  in einem eigenen Abschnitt der Fassbinderei in Feuerkörben kleine Feuer im Inneren von zehn Fässern. Die so genannte „Toastung“ beeinflusst maßgeblich den Geschmack und wird – je nach Wein beziehungsweise Wunsch des bestellenden Weinguts – mehr oder weniger intensiv durchgeführt, erklärt Mathias Stockinger. Und was ist sein persönliches Highlight am Beruf? Stockinger überlegt kurz. „Das Schönste ist, wenn man dann bei einem Besuch im Weingut erlebt, wie zufrieden der Kunde ist.“