„Man muss Produkte mit Begeisterung aufladen“
Felix Thönnessen begeisterte bei der „EPU-Convention“, dem Treffpunkt der Ein-Personen-Unternehmen, als Keynote-Speaker. Im Interview spricht er über die Stärken und Herausforderungen von Ein-Personen-Unternehmen.

Herr Thönnessen, Ihre Begeisterung für das Unternehmertum hat ja sehr früh begonnen?
Thönnessen: Ja, ich habe bereits 23 eigene Unternehmen gegründet und über 1000 Unternehmen begleitet.
Was genau begeistert Sie am Unternehmertum?
Unternehmertum beginnt bei Neugier, wächst mit Motivation, lebt von Begeisterungsfähigkeit und wird einzigartig durch Kreativität. Davon bin ich überzeugt.
Vor welchen Herausforderungen stehen gerade Ein-Personen-Unternehmen?
Die größte Herausforderung ist wohl, mit kleinem Budget neue Kunden zu gewinnen. In meinen Beratungen wird oft erzählt, dass die Unternehmer am 1. Tag ihres Unternehmerlebens im Büro gesessen sind, auf Kunden gewartet haben und dann enttäuscht waren, dass auch drei Stunden später keiner gekommen ist. Da haben viele dann die erste Krise.
Was soll man dann tun?
Das japanische Zeichen für Krise besteht aus dem Zeichen für Risiko und dem Zeichen für Chance. Es ist wichtig, aus Situationen, die man sich anders vorgestellt hat, das beste zu machen. Natürlich wäre es leichter, in die Opferrolle zu gehen und sich selbst leid zu tun. Denn Ausreden, warum es nicht funktioniert hat, findet man sofort!
Warum sind manche Unternehmen erfolgreicher als andere?
Es gibt die klassischen Gründe: Es ist von vornherein viel Geld da, man ist selber berühmt oder kennt berühmte Leute. Oder aber: Man ist kreativ!
Kann man Kreativität lernen?
Es gibt ein paar Tricks, wie man Kreativität fördern kann. Ein Vorschlag: Sprechen Sie mit anderen Menschen über Ihr Unternehmen, die nichts mit Marketing zu tun haben. Sie werden erstaunt sein, welche neuen Inputs Sie bekommen Oder Sie erstellen eine Whatsapp-Gruppe, in der Sie Ihr Unternehmen vorstellen und dann fragen, wer die beste Idee dazu hat. Den Sieger laden Sie dann auf ein Bier ein (schmunzelt). Es ist auch immer gut, zu überraschen. Heutzutage schreibt niemand mehr Briefe mit der Hand. Denken Sie kurz daran, wie stark Ihnen ein handgeschriebener Brief in der Post auffallen würde!
Stichwort „Auffallen“ – soll man „mit dem Strom schwimmen“ oder lieber polarisieren?
Ich bin der Meinung, dass man eine eigene Meinung haben darf und soll.
Können Sie ein paar Marketing-Tricks mit den Lesern teilen?
Vielleicht ein historischer Trick: Red Bull hatte am Beginn kein Geld fürs Marketing. Deshalb haben sie alle Mülleimer voll mit leeren Red Bull Dosen gemacht. Hier kommt das Phänomen des „Herding“ zum Tragen: „Wenn viele andere es machen, wird es gut sein.“ Wenn alle Red Bull trinken, trinke ich es auch. Wo die längste Schlange ist, dort ist der beste Club.
Wie schafft man es, dass eine Marke oder ein Produkt richtig cool wird?
Man muss es mit Begeisterung aufladen. Jedes Produkt hat Basis-, Leistungs- und Begeisterungsmerkmale. Bei einem Auto wären die Basismerkmale, dass es vier Räder hat und fährt. Die Leistungsmerkmale wären die Ledersitze oder die Sitzheizung. Was aber wirklich begeistert, ist, wenn ein Auto selbst fährt oder Massagesitze hat.Viele machen den Fehler, nur die Basis- und Leistungsmerkmale zu kommunizieren. Wir müssen aber das über unser Produkt erzählen, was die Spitze ist – denn die Spitze pikst!
Haben Sie ein paar Online-Tipps parat?
Machen Sie sich jene Themen zunutze, über die gerade gesprochen wird. Anlässe wie Weihnachten, Muttertag, Fußball-WM...
Auf Google.de/trends finden Sie jene Begriffe, die die Welt gerade am meisten interessieren. Diese können Sie für Ihr Business nutzen!
Wie hebe ich mich vom Mitbewerb ab?
Wenn es drei Friseure in der Straße gibt, wird die Preisspirale dazu führen, dass niemand mehr etwas verdient. Schnüren Sie Packages, dann stechen Sie heraus. Man kann hier sehr schön mit den Bezeichnungen spielen. Denken Sie nur an Starbucks: Dort gibt es keinen kleinen Kaffee: Es gibt nur groß – größer – am größten. 3M hat einmal eine coole Marketing-Aktion für sein Sicherheitsglas gemacht: in einem Glaskubus war Geld, daneben lag ein Hammer. Jeder durfte probieren, das Geld heraus zu bekommen. Es war natürlich unmöglich (schmunzelt).
Was ist, wenn ich keinen USP (Unique Selling Proposition, Anm.) habe?
Dann stellen Sie etwas in den Vordergrund, was andere auch haben: Jedes Bier wird aus Wasser gebraut, ein Bier mit „frischem Felsquellwasser“ erscheint trotzdem attraktiver für den Kunden. Oder der Slogan von Ariel: „Nicht nur sauber, sondern rein“ – natürlich wäscht jedes Waschmittel sauber!
Haben Sie noch einen abschließenden Tipp?
Hören Sie genau zu, was der Kunde will: Wie kann ich mein Produkt anpassen, damit es dem Kunden genau entspricht? Der Preis ist da häufig nur ein Vorwand: Wenn es mir das Produkt wert wäre, würde ich den hohen Preis auch bezahlen.
Unternehmertum wird einzigartig durch Kreativität. Davon bin ich überzeugt.